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Charles Watson und Rebecca Taylor alias Slow Club. Foto: PR
Charles Watson und Rebecca Taylor alias Slow Club. Foto: PR

Album der Woche: Slow Club – Complete Surrender

Sixties-Soul für 2014

Rebecca Taylor und Charles Watson von Slow Club haben eigentlich eine „Retro-Phobie“. Dass die dritte Platte des Duos aus Sheffield jetzt stellenweise doch klingt, als gehöre sie in ein anderes Jahrzehnt, war eher Zufall.

Rebecca Taylor von Slow Club hat eine Stimme, die wie gemacht ist für Soul. Allerdings wollte sie nie wirklich ein Soul-Album aufnehmen, genauso wenig wie ihr Mitstreiter bei Slow Club, Charles Watson – vor allem, um dem Vorwurf zu entgehen, man schwömme auf der Retro-Welle mit.

Ein unerwarteter Stilbruch

Dass die dritte Platte des britischen Duos nun doch genau in diese Richtung geht, war also keine Absicht. Das Ergebnis klingt allerdings umso überzeugender: Bei Songs wie „Not mine to love“ und „Everything is new“ kam, fast schon unfreiwillig, die Leidenschaft der beiden für eine andere musikalische Ära durch.

“Not mine to love” und “Everything is new” hatten wir schon geschrieben, bevor uns überhaupt klar war, in welche Richtung wir mit der neuen Platte gehen wollten. Die Songs haben einfach gut funktioniert und irgendwie Sinn gemacht, also wurde daraus so eine Art Blaupause für andere Stücke. Aber wir haben uns nie vorgenommen, wir machen jetzt mal ein Soul-Album – das ist einfach so passiert.

Immerhin, Slow Club haben keine Angst vor Veränderung und stehen auch dazu, wenn sich ihr kleines Bandprojekt in eine unerwartete Richtung entwickelt. Nachdem sie sich schon auf den Vorgängeralben durchaus den einen oder anderen Abstecher zu Country und Folk gegönnt haben, findet sich auf „Complete Surrender“ auch wieder ein breites Spektrum, bei dem man sich manchmal von Song zu Song fragt, ob man es wirklich noch mit derselben Band zu tun hat.

Sixties-Soul für 2014

Es gibt schwelgerischen Pop mit elektronischem Einschlag genauso wie reduzierte, folk-inspirierte Songs. Vor allem und immer wieder aber ist es Soul, den man jetzt von Slow Club zu hören bekommt.

Es ist ja ziemlich offensichtlich, dass wir eine Menge Pop und Soul aus den 60ern und 70ern gehört haben. Aber es ging uns nicht darum, wie die Künstler von damals zu klingen, sondern eher, sich an deren Arbeitsethos und Aufnahme-Stil zu orientieren und das auf uns und ins Jahr 2013/14 zu übertragen.

Auch wenn der Motown- und Soul-Einschlag sich nicht abstreiten lässt, war es Slow Club wichtig, eben nicht in der Retro-Falle stecken zu bleiben, den Sound also nicht einfach zu replizieren, sondern weiterzuentwickeln.

Beim Musikmachen geht es doch immer ein stückweit darum, etwas nachzuahmen, das dir gefällt. Das äußert sich dann vielleicht an zwei oder drei Punkten in einem Song. Vielleicht hört man auch gar nicht, was du genau versuchst einzubringen – aber als Künstler bist du glücklich, wenn du es schaffst, ein ähnliches Gefühl zu erzeugen wie die Musik, die du magst.

Das erweiterte Duo

Unterstützung fürs Umsetzen dieser Philosophie bekamen Slow Club diesmal nicht nur von Produzent Colin Elliot, sondern zusätzlich von zwei Musikern, die Rebecca und Charles auch schon live begleitet haben.

Obwohl sie sich nach wie vor als Duo verstehen, hatte die temporäre Erweiterung der Band Vorteile: Zum einen konnten Rebecca und Charles, die sonst im Studio die meisten Instrumente selbst eingespielt haben, auch mal ein stückweit die Kontrolle abgeben. Zum anderen konnten sie die neuen Songs quasi live aufnehmen – die Platte sollte das Gefühl vermitteln, dass alle Beteiligten bei den Aufnahmen gemeinsam in einem Raum standen.

Im Wesentlichen schreiben wir beide die Songs, auch wenn es noch andere Menschen gibt, die sie dann mit uns spielen. Und es ist wirklich hilfreich, noch jemanden mit einem anderen musikalischen Hintergrund zu haben, mit dem man Ideen austauschen kann. Außerdem wirst du als Musiker besser, wenn du mit anderen zusammenspielst – man lernt immer noch etwas.

Ein bisschen Magie

Einige Songs für das dritte Slow Club-Album sind auf Tour entstanden, hatten also auch lange vor den Aufnahmen schon den Live-Test vor Publikum bestanden. Trotzdem sei das nicht die ideale Situation zum Songschreiben, mein Charles. Irgendwie müsse man ja auch erstmal wieder am normalen Leben teilhaben, bevor man Themen findet, über die man schreiben kann. Und manchmal kann es bei ihm ganz schön lange dauern, bevor wirklich eine brauchbare Idee zündet.

Ich setze mich nicht unbedingt hin und denke, so, jetzt schreibe ich mal eine bestimmte Art von Song. Ganz oft sitze ich auch stundenlang da, starre die Wand an und hoffe, dass etwas passiert. Meistens tut es das dann auch – wenn du lange genug starrst, taucht ein Song auf. Das ist das Schöne daran: wenn du einmal loslegst, musst du nur dranbleiben und weitermachen. Es ist schon auch ein bisschen Magie dabei.

Slow Club sind sehr gut darin, das „bisschen Magie“ der ersten Idee auch in den fertigen Songs noch durchscheinen zu lassen. Und Retro-Debatte hin oder her – wenn das Ergebnis so klingt wie „Complete surrender“, darf man sich ohne schlechtes Gewissen davon hinreißen lassen.

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