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Album der Woche: The Leisure Society – Alone Aboard The Ark

Mit klassischen Instrumenten und viel Leidenschaft wehren sich die fünf Musiker von The Leisure Society hartnäckig gegen die Zwänge des kommerzialisierten Popmusik-Geschäfts. Auch bei ihrem neuen Album geht es nicht ums Geld, sondern darum, den perfekten Klang für die Songs zu finden.

Album der Woche: The Leisure Society – Alone Aboard The Ark 06:30

Alone Aboard The Ark heißt das neue Album der britischen Formation The Leisure Society, und der Titel beschreibt sehr treffend die introvertiert-melancholische Stimmungstendenz der Platte. Es fließt eben nicht nur viel Herzblut von Sänger Nick Hemming in die Songs ein, sondern auch ein ganzes Stück seines Charakters: ein bisschen in sich gekehrt, verträumt – und auf eine sehr charmante Art altmodisch.

Ich mag einfach diesen „Happy/Sad“-Gegensatz. Wenn es mir gut geht, habe ich auch gar nicht das Gefühl, Songs schreiben zu müssen, dann bin ich einfach nur zufrieden und glücklich mit meinem Leben. Ich schreibe eher, wenn ich traurig bin und das spiegelt sich dann eben in den Texten. Es ist auch nicht so, dass ich unbedingt trübsinnig sein will – aber tatsächlich ist der einzige Grund, warum ich Songs schreibe, dass es diese Ventil-Funktion für mich hat.

Am liebsten sind Nick Hemming die Songs, in denen die Musik im Kontrast steht zu den dunklen Nuancen seiner Texte. Von dem therapeutischen Effekt, den das Songschreiben für ihn hat, profitiert die ganze Band. Allerdings betont Christian Hardy, der bei The Leisure Society diverse Instrumente spielt und alle bisherigen Alben mit produziert hat, dass es auf der Platte – genau wie in Nicks Persönlichkeit – sehr wohl auch sonnige Momente gibt.

Wir haben ja durchaus Freude daran, diese Musik zu spielen, auch wenn einiges davon vordergründig etwas düster klingt. Manche Leute konzentrieren sich da vielleicht zu sehr auf die Texte. In vielen der Songs steckt trotzdem Optimismus. Man findet da auch den einen oder anderen Sonnenstrahl, wenn man danach sucht.

Alone Aboard The Ark ist das dritte Album von The Leisure Society, aber zugleich das erste, das nicht im eigenen Schlafzimmer entstanden ist. Aufnahmeort der Wahl waren die Konk Studios, deren Besitzer Ray Davies, ehemals Sänger der Kinks, ein erklärter Fan von The Leisure Society ist. Der größte Unterschied zu den bisherigen Alben liegt für Christian Hardy in der besseren Klangqualität, die schlicht mit dem professionelleren Equipment zu erklären ist. Allerdings hat sich offenbar auch die Studioumgebung selbst erkennbar auf die Arbeit ausgewirkt – zum einen die begrenzte Zeit und die Tatsache, dass alle Bandmitglieder diesmal quasi im selben Raum waren.

Im Studio musst du immer voll da sein und dein Bestes geben. Du musst sozusagen auf Knopfdruck kreativ sein können und das zwingt dich zu einer Arbeitsweise, die sich sehr unterscheidet von dem Luxus, über Monate hinweg verschiedene Dinge auszuprobieren.

Obwohl der Aufnahme-Prozess diesmal auf einen viel kürzeren Zeitraum komprimiert war, hat es offenbar bestens funktioniert mit dem Kreativsein auf Knopfdruck. Sowohl Hemming als auch Hardy geraten ins Schwärmen, wenn sie über die neue Platte sprechen. We Go Together zum Beispiel sei der perfekteste Song, an dem er je beteiligt war, sagt Nick Hemming.

The Leisure Society haben einen Hang zu genau dieser Art von opulentem, fast schon nostalgischem Sound, der vor allem daraus erwächst, dass sie ihre Songs vornehmlich mit Instrumenten einspielen, die besser in ein Sinfonieorchester passen würden als in eine Band, die sich durchaus der Popmusik zugeneigt fühlt. Wenn Hemming findet, in diesen Song gehört eine Harfe rein, dann wird jemand geholt, der Harfe spielt, auch wenn das möglicherweise das Budget sprengt. Es geht eben nicht um Geld bei The Leisure Society, sagt Christian Hardy, sondern um den perfekten Klang.

Wir sind ja keine Marketing-Abteilung, wir sind Künstler. Wir machen Musik, so wie wir es wollen. Es gibt keinen Aufsichtsrat, der uns Vorschriften macht oder ein Budget aufdrückt, keine feste Zielgruppe. Dass wir überhaupt eine Art von Karriere machen konnten, ist fantastisch. Klar willst du, wenn du erst einmal einen gewissen Erfolg hattest, auch mehr davon. Aber sollte das jemals unsere Musik beeinflussen, würden wir wahrscheinlich eher aufhören.

Musik um der Musik willen machen – möglicherweise ist es diese puristische Philosophie, die jedes Album von The Leisure Society zu etwas Besonderem werden lässt. Dass sie gerade in ihrer Unangepasstheit erfolgreich sind, ist für Nick Hemming eher ein Bonus. Seine Songs würde er vermutlich auch schreiben, wenn es dafür kein Publikum gäbe – eine Erkenntnis, die für ihn einerseits beängstigend ist – andererseits aber auch ein schwer in Worte zu fassendes Glücksgefühl.

Ich habe panische Angst davor, irgendwann nicht mehr schreiben zu können – es ist das Einzige, was mich wirklich glücklich macht. Wenn du ein fertiges Album in der Hand hältst, dann ist das ja buchstäblich etwas Greifbares, du kannst es anfassen und anhören und du denkst, ‚wow, das haben wir gemacht!‘ Du hast das Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben, etwas, das von Dauer ist.

Das Gefühl, es bei The Leisure Society mit etwas wirklich Außergewöhnlichem zu tun zu haben, beinhaltet nicht nur für Nick Hemming erhebliches Suchtpotential. An einer Stelle auf Alone Aboard The Ark heißt es „the more you see, the more you want“ – und eine ähnliche Warnung sollte fairerweise auf dem Album kleben: Wer das hört, will mehr.

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