Immer am ersten Sonntag im Mai ist Weltlachtag. Wie geht noch die alte Hausfrauenweisheit? Lachen hat eine heilsame Wirkung. Stimmt wirklich, sagen die Lachforscher. Es kurbelt die Durchblutung an, versorgt das Gehirn mit Sauerstoff und lässt Glückshormone ausschütten. Und es ist gesund. Ein richtiger Lachanfall, der 20 Sekunden dauert, ist effektiver als drei Minuten Joggen. Michael Titze ist Psychoanalytiker und einer dieser Lachforscher. Er sagt: früher haben wir noch viel mehr gelacht als heute.
Es gibt eine Untersuchung der britischen Regierung, die besagt, dass die Depressionsrate seit den frühen 50er Jahren um das zehnfache gestiegen ist. Ich denke, das kann man dann auch im Sinne von Humorlosigkeit interpretieren. Depressive sind ja nicht humorvoll, sondern das Gegenteil davon. Sie ersticken im Ernst des Lebens. Sie sehen nur noch Probleme und das Leben ist ungeheuer schwierig für sie. Wenn das um das zehnfache angestiegen ist, hat das natürlich seinen Grund. Da vergeht einem schon das Lachen.
Verlernen wir also das Lachen, weil wir alle so furchtbar depressiv sind? Ich will mich dem Lachen auf die Spur begeben. Und frage mich: Kann uns nicht auch Musik zum Lachen bringen? Schließlich hat doch auch Musik eine heilsame Wirkung.
Lachen wie früher in der Schule
Wie läuft zum Beispiel eine Orchesterprobe ab? Todernst oder wird auch mal gelacht? Manfred Ludwig spielt Piccoloflöte im Gewandhausorchester und gibt mir einen Einblick in den Musikeralltag.
Humor durch Gruppendynamik – das ist ganz natürlich, sagt auch der Bratschist Anton Jivaev.
Jeder kennt 1000 Bratschenwitze
Lachen können Musiker vor allem über ihre eigene Spezies. Gibt ja nicht ohne Grund so viele Musikerwitze. Was haben Bassisten und Groupies gemeinsam? Sie sind beide gerne mit Musikern zusammen. Erzählt man sich eigentlich auch im Orchester Musikerwitze?
Das kommt immer auf das Instrument an. Jeder kennt natürlich 1000 Bratschenwitze, aber es gibt natürlich den instrumentenspezifischen Witz. Bei uns ist es der: Wie bringt man zwei Piccolisten dazu, unisono zu spielen? Erschieß einen davon.
In Popmusiker-Witzen kriegen ja vor allem die Bassisten auf den Deckel. Klar: Vier Saiten und ein paar Grundtöne – die Einstiegshürde ist hier nicht besonders hoch. Aber warum werden in der Klassik so gerne die Bratschisten durch den Brei gezogen?
Die Bratschen sind eben keine Melodiestimme, sondern eher eine Harmonie-Füllstimme. Ihnen wird nachgesagt, sie seien ein bisschen langsamer, träger und raffen nicht alles gleich so schnell, was natürlich total klischeehaft ist und überhaupt nicht stimmt.
Manche Werke haben Situationskomik
Lachen und Musik – soweit ist das also gar nicht voneinander entfernt. Aber kann man eigentlich auch über klassische Musik lachen? Manfred Ludwig sagt: man kann. In der Oper zum Beispiel.
Man sitzt im Graben und versteht nicht immer alles vom Text. Aber es gibt Schlüsselstellen. Und wenn die in der Situation passen, dann schaben immer alle so mit dem Fuß. Das ist dann immer besonders witzig. Im Parsifal zum Beispiel, wenn Kundry nach fünf Minuten singt „Ich bin müde“ und du sitzt da und weißt, Parsifal dauert fünf Stunden, dann hat das eine gewisse Situationskomik.
Wenn man mal vom offensichtlichen Schenkelklopfenlachen absieht, löst ja Musik in etwa das aus, was auch Lachen auslöst. Es macht glücklich. Karsten Heins spielt Kontrabass im Gewandhausorchester und kennt diese Momente nur zu gut.
Mit klassischer Musik verbindet man vielleicht nicht unbedingt dieses Lautloslachen. Aber Musik erzeugt ja eine Stimmung, die durchaus zum fröhlichen Lachen, wenn auch nicht nach außen, einlädt. Diese Stimmung wird spätestens dann befördert, wenn man nach dem Konzert fröhlich in die Kneipe geht, um dort das Gefühl herauszulassen, das man durch die Musik aufgenommen hat.
Lachen fördert die Konzentration
Halten wir also fest: Lachen und Musik machen glücklich, Musikerwitze gibt’s auch in der klassischen Musik und Orchestermusiker sind nicht immer so bierernst sie die Musik vielleicht erscheinen lässt. Aber wie verhält es sich eigentlich mit dem Chefdirigenten? Hat der als Autoritätsperson Spielraum für Humor? Nachgefragt bei Gewandhauskapellmeister Riccardo Chailly.
Ich liebe Disziplin und Stille. Wen diese beiden Sachen hundert Prozent klar sind, dann gibt es Raum für Spaß, auch für Scherze.
Dass Chailly seine Scherze ganz clever einzusetzen weiß, bestätigen mir die Orchestermusiker Karsten Heins und Manfred Ludwig.
Humor und Lachen sind in der Musik eigentlich nicht wegzudenken. Und wer weiß: Wenn es uns so glücklich macht, sollten wir uns vielleicht alle ein bisschen mehr mit Musik beschäftigen. Dann liefern wir irgendwann auch den Lachforschern wieder optimistischere Zahlen. Der große Loriot wusste es schon damals. Musik kann ziemlich witzig sein.
https://www.youtube.com/watch?v=TBMVsGd21s4