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Von Büffeln und Albatrossen – The Phoenix Foundation im Gespräch

Das musikalische Universum der neuseeländischen Formation The Phoenix Foundation ist voll von verträumten und eigensinnigen Fantasien: Goldene Schiffe segeln durch die Songs und wunderliche Kreaturen tauchen auf, wie Riesen-Albatrosse und Büffel, die auf dem Meeresgrund grasen. Ihr aktuelles Album heißt auch Buffalo und damit waren sie gerade in Europa auf Tour.

Eigentlich sieht Sam Scott ganz normal aus, ein bärtiger Teddybär von einem Mann, der gern und viel lächelt. Beim Erzählen schweift sein Blick oft ab, er sucht nach Worten, die wirklich das treffen, was gerade in seinem Kopf vorgeht. Es sind diese Momente, in denen man ein Gefühl dafür bekommt, wie seine Musik entsteht – aus Mini-Visionen, die von woher auch immer den Weg als Inspiration in seine Gedanken finden. Die Büffel aus dem Titelsong des Albums zum Beispiel habe er irgendwann einfach als Musikfragment gehört – eine riesige, stampfende Herde, die durch seinen Kopf gezogen ist.

The Phoenix Foundation gibt es, in unterschiedlichen Zusammensetzungen, eigentlich schon seit 1997. Buffalo ist bereits ihr viertes Album, auch es wenn hierzulande für die meisten Menschen vermutlich wie ein Debüt wirkt – zumindest ist es die erste Platte der Phoenix Foundation, die man so richtig wahrnimmt. Sam Scott sieht das gelassen – manchmal dauere es eben eine Weile, seine Musik auch einem größeren Publikum zugänglich zu machen.

Es gibt Bands, die ein großartige erstes Album herausbringen und dann ganz schnell richtig schlecht werden. Andere Bands brauchen länger, um zu reifen und machen ihre beste Musik, wenn sie Mitte 30 oder 40 sind. Wir gehören eher zur zweiten Gruppe. Wir haben uns Zeit gelassen – und so funktioniert auch unsere Musik. Ich glaube, es braucht eine Weile, bis man einen Zugang zu unseren Songs findet – das klappt nicht gleich beim ersten Hören. Bei der Phoenix Foundation geht es vor allem darum, sich Raum zu geben und Zeit zu lassen.

In ihrer Heimat haben Sam Scott und seine fünf Mit-Musiker schon diverse Musikpreise eingeheimst, außerhalb von Neuseeland und Australien hatte The Phoenix Foundation allerdings bisher tatsächlich kaum jemand auf dem Radar. Dass das Sextett jetzt zum ersten Mal in großem Stil durch Europa tourt, hilft sicher, das zu ändern. Für Sam ist das allerdings nicht der einzige Grund, warum Europa schon immer auf seiner Wunschliste für eine Tournee stand. Berlin zum Beispiel kannte er schon von einem früheren Urlaub hier – und irgendwie auch aus seiner Plattensammlung.

In Berlin fühle ich mich total an meine Lieblingsplatten von Iggy Pop und David Bowie erinnert. Direkt vor unserem Fenster hier fährt die U-Bahnlinie vorbei, die Iggy Pop zu „The Passenger“ inspiriert hat – einer meiner absoluten Lieblingssongs. Das ist die Art von Musik, die ich immer wieder hören kann, diese elektronische Popmusik aus den späten 70ern. Es ist toll, etwas von den Orten zu sehen, an denen diese Musik entstanden ist.


Und in gewisser Weise tritt Sam in die Fußstapfen seiner musikalischen Helden, immerhin hat er einen Song über Berlin geschrieben, als er das erste Mal hier zu Besuch war. Bitte Bitte trägt nicht nur einen deutschen Titel, sondern beschreibt auch ein typisches Problem der deutschen Hauptstadt: den Verlust der alternativen Kiezkultur, je mehr bestimmte Stadtviertel saniert und touristentauglich gemacht werden.

Wir haben in Mitte gewohnt, das ist ja eine ziemlich noble Gegend geworden. Es gab zwar immer noch ein paar abgewrackte Häuser, in denen Punks und Alternative und Hippies gewohnt haben, aber man hat gespürt, dass die sich dort nicht mehr richtig wohl gefühlt haben, weil die Mieten gestiegen sind und überall eröffneten neue Galerien und schicke Restaurants. In „Bitte Bitte“ geht es um diese Veränderungen, die in vielen Städten im Zuge der Gentrifizierung passieren.

Bitte Bitte ist ein Beispiel dafür, dass The Phoenix Foundation keine typische „Neuseeland-Musik“ machen wollen. Trotzdem tauchen bestimmte Bilder und Stimmungen sehr häufig auf in ihren Songs. Es ist Musik, die der Vorstellungskraft Raum lässt, immer ein bisschen verträumt, ein bisschen losgelöst vom Hier und Jetzt. Ihrer Fantasie lassen The Phoenix Foundation auch bei der Auswahl ihrer Instrumente freien Lauf: immer wieder entdecken sie ungewöhnliche Klänge, die sie in ihre Songs einfließen lassen. Deshalb gehören zum Beispiel das Omnichord, eine Art elektronische Harfe, Xylophon und noch tausend anderer kleiner Percussion-Spielzeuge zu ihrem Repertoire.

Wir experimentieren gern mit den Instrumenten herum oder spielen manchmal sogar falsch darauf, damit ein völlig anderer Sound dabei herauskommt. Es ist wichtig für uns, dass unsere Musik frisch und anders klingt. Trotzdem machen wir ja keine total abgedrehte Avantgarde-Musik. Es sind immer noch Popsongs. Aber wir versuchen Klänge und Sounds einzubauen, die sich neu und spannend anhören.

So bunt wie die Zusammenstellung der Instrumente sind auch die Texte auf Buffalo. Die Songs wimmeln nur so vor Tierbildern und Meeresmetaphern. In Neuseeland könne man gar nicht anders, als vom Ozean geprägt zu sein, sagt Sam Scott. Es sei ein Land, in dem man sich den Naturgewalten sehr nahe fühle. Die Berge, das Meer, aktive Vulkane und Erdbeben seien immer gegenwärtig. The Phoenix Foundation haben ihr eigenes kleines Studio in South Wellington, direkt neben einem Park. Man könne das Meer von dort aus sehen. Vielleicht lässt die Musik der Phoenix Foundation deshalb so klare Bilder entstehen von der neuseeländischen Südküste, die ein bisschen rau ist und zerklüftet, aber eben auch atemberaubend schön.

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