Play

Album der Woche: Me Succeeds – Rongorongo

Me Succeeds haben schon immer alles selbst in die Hand genommen und so erscheint auch das neue Album des Hamburger Electro-Pop-Trios wieder auf dem bandeigenen Label. „Rongorongo“ heißt die neue Platte und verweist somit auf eine Sprache, die es schon ewig nicht mehr gibt. Das Thema aber ist aktuell wie nie.

Eine mehr oder wenige fachkundige Jury kam vor ein paar Tagen zu dem Schluss, der Ausdruck „Swag“ sei das Jugendwort des Jahres. Nun konnten sicher die wenigsten über Herkunft und Bedeutung von „Swag“ schwadronieren und warfen daraufhin die allwissende Netzmaschine an, um herauszufinden: „Swag“ ist in etwa die um ein Vielfaches gesteigerte Form von „cool“. Dahingestellt sei, wie viele Menschen das Wort je gehört haben und wieder andere kamen vielleicht zu dem Schluss: Es gibt nur Swag und nicht Swag und wie man sich fühlt. Kurzum: Swag ist so egal und kurzlebig wie das Jugendwort des letzten Jahres. Das hieß nämlich „Niveaulimbo“, falls sich jemand daran erinnern kann. Sprache lebt und verändert sich, ist Nährboden für Missverständnisse und manchmal wird sie auch schlicht und einfach vergessen. So wie Rongorongo, die vergessene Schrift der Osterinsel und zugleich Namensgeber des neuen Me Succeeds-Albums.

Me Succeeds sind drei Hamburger, die ursprünglich aus München kommen. Vor ein paar Jahren zog es sie in den kühlen Norden – der Musik und des Studiums wegen. Für Sängerin und Kunststudentin Mohna Steinwidder zwei Bereiche, die sich nicht unbedingt ausschließen:

Das hängt natürlich zusammen. Es passiert an denselben Tagen und mich beschäftigen dann wahrscheinlich ähnliche Dinge und somit ist da ein Zusammenhang, wobei ich das eigentlich schon ganz gerne auch getrennt sehe, damit das nicht so überemotional wird.

Emotional hat sich Mohna vor allem mit ihrem Soloprojekt ausgetobt. Sie allein am Klavier, maximal ein Metronom als Taktgeber und im Vordergrund: Die Stimme.

Das ist ganz andere Musik. Dann hab ich beschlossen mich auch mit dem Klavier noch mehr zu beschäftigen, weil ich das davor nicht getan hab und da ist eine Liebe entfacht und deswegen hab ich das dann recht intensiv gemacht.

Nach ihrem Soloausflug steht nun wieder Me Succeeds im Vordergrund. Und obwohl Rongorongo eine Bandplatte ist, lässt sie viel Raum. Raum für Interpretation und Raum für jedes einzelne Instrument. Die Arrangements sind transparent und luftig. Hier die House-Drum, da der oft vordergründige Bass, die Gitarre spielt repetitive Pickings und ab und zu darf auch ein Glockenspiel oder eine Klarinette mitmachen.

Selbst Mohnas Stimme fügt sich in ihrer schüchternen und leisen Art wie ein weiteres gleichberechtigtes Instrument in den Mix ein. Einzig der Sprechgesang ihres Gegenübers Lorin Strohm bricht das sonst eher seichte Gefüge hin und wieder auf.

Me Succeeds wirken auf Rongorongo aber auch immer ein Stück weit verspielt und unerwachsen. Fehler dürfen, ja müssen sein, um trotz Beat aus der Konserve lebendig zu klingen. Statt einem professionellen Studio mussten WG-Küchen und Laptop-Mikro herhalten. „Others grow faster than me, they’re already grown up“ heißt es gleich zu Beginn des Albums. Man möchte Me Succeeds zurufen, dass sie bitte nie so richtig aufwachsen sollen, denn gerade das macht sie so besonders und anders. Und außerdem: Wer weiß das schon, ob er erwachsen ist oder nicht.

Ich hab da auch mal mit meiner Mutter drüber gesprochen. Die fühlt sich auch immer noch nicht erwachsen. Sie hat zwar jetzt Kinder, sagt aber, dass sich gefühlsmäßig nicht viel verändert hat. Ich glaube, so ist das auch. Natürlich ist man dann plötzlich irgendwas, hat ein Alter und hat an Reife gewonnen, aber ich könnte mich jetzt nicht entscheiden, was ich bin.

Das Hauptthema auf Rongorongo bleibt dann aber doch die Sprache. In ihrer Urbedeutung ist Rongorongo eine Sprache, die keiner mehr versteht. Sie verschwand einst mit dem Kulturverfall der Osterinsel. Alle Deutungs- und Entschlüsselungsversuche sind seither vergebens. Und so fühlt man sich auch in den kryptischen Song-Konstruktionen von Me Succeeds manchmal etwas verloren. Gedanken, die man eben noch fassen konnte, sind im nächsten Moment nur noch flüchtige Erinnerung. Den Liedern selbst wünscht man jedoch das Gegenteil. Das Potential, sich in Ohr und Kopf festzubeißen, haben sie allemal. Anders als das Jugendwort des Jahres, an das sich schon bald niemand mehr erinnern wird. Bis dahin bietet sich jedoch folgende Zeile als Status-Update an: Dreh den Swag auf – hier kommen Me Succeeds!

Rongorongo im Stream

Volles Programm, (aber) null Banner-Werbung

Seit 2009 arbeiten wir bei detektor.fm an der digitalen Zukunft des Radios in Deutschland. Mit unserem Podcast-Radio wollen wir dir authentische Geschichten und hochwertige Inhalte bieten. Du möchtest unsere Themen ohne Banner entdecken? Dann melde dich einmalig an — eingeloggt bekommst du keine Banner-Werbung mehr angezeigt. Danke!

detektor.fm unterstützen

Weg mit der Banner-Werbung?

Als kostenlos zugängliches, unabhängiges Podcast-Radio brauchen wir eure Unterstützung! Die einfachste Form ist eine Anmeldung mit euer Mailadresse auf unserer Webseite. Eingeloggt blenden wir für euch die Bannerwerbung aus. Ihr helft uns schon mit der Anmeldung, das Podcast-Radio detektor.fm weiterzuentwickeln und noch besser zu werden.

Unterstützt uns, in dem ihr euch anmeldet!

Ja, ich will!

Ihr entscheidet!

Keine Lust auf Werbung und Tracking? Dann loggt euch einmalig mit eurer Mailadresse ein. Dann bekommt ihr unsere Inhalte ohne Bannerwerbung.

Einloggen