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Schrullig und avantgardesk: Phantom Ghost – Pardon My English

Dirk von Lowtzow und Thies Mynther machen mal wieder gemeinsame Sache. Phantom Ghost heißt ihr „exzentrisches Hobby“, wie sie es selbst nennen. Gerade ist die neue Platte „Pardon My English“ erschienen – eine Hommage an Musicals der 20er Jahre.

Phantom Ghost – Pardon My English 05:36

Kennen Sie das auch? Grundlos traurig, niedergeschlagen, antriebslos? „Burnout“ schallt es da derzeit aus allen Ecken – die Volkskrankheit Nummer eins. Vielleicht hilft ja ein Besuch bei Doktor Schaden Freud. Der ist, so behauptet zumindest Dirk von Lowtzow, einer der besten Therapeuten derzeit.

Dirk von Lowtzow, sonst Frontmann von Tocotronic, und Thies Mynther, sonst bei Superpunk und Stella, machen mal wieder gemeinsame Sache. Phantom Ghost heißt ihr Duo, unter dem sie seit 11 Jahren zusammen veröffentlichen. Bei Phantom Ghost, erzählt Dirk von Lowtzow, können sie die Dinge ausprobieren, die woanders keinen Platz finden.

Das ist schon eher so eine Art exzentrisches Hobby von uns beiden. Das drückt sich ja auch in der Musik aus. Das ist für Leute mit einem ähnlich schrulligen Geschmack wie dem unsrigen gemacht.

Schrullig – das beschreibt recht treffend, was Phantom Ghost ausmacht. 2001 erschien das erste Album der beiden. Das war Disko. Danach wurden sie poppiger, dann düster und mit ihrem letzten Album Thrown out of Drama School, widmeten sie sich Musicals und Showtunes. Nur um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Musical bedeutet weder Cats noch Starlight Express. Phantom Ghost geht es um die Musicals der 20er bis 50er Jahre am Broadway und deren Vorgänger, die Operetten. Viele Musikliebhaber verziehen da das Gesicht – Musicals: zu kitschig, Operetten: zu profan. Zu Unrecht, findet Dirk von Lowtzow.

Weil Ende des 19 Jahrhunderts die Operette eine ziemlich subversive Form war. Gendermäßig oder die herrschende bürgerliche Moral betreffend, wurden da ziemlich viele interessante Themen behandelt, wie bei Offenbach zum Beispiel. Die haben auch oft einen sehr guter Humor, teilweise schon Monty Python-artig. Aber auch deutsche Operetten der frühen 20er Jahre haben eine sehr hohe schwule Ästhetik. Operetten sind für uns ein interessantes Forschungsfelder, das wir mit Phantom Ghost gut ergründen können.

Der Witz ist auch bei Phantom Ghost wichtig. Viele Texte auf Pardon My English lesen sich ironisch. So auch der von Doktor Schaden Freud. Das passt ins Gesamtkonzept der Band. Die Inszenierung der beiden hat was von einem antiquierten Herrenabend: Als stünden da zwei Dandies mit Whiskey und Pfeife auf der Bühne. Das ist durchaus so gewollt, sagt von Lowtzow,

Ich finde es eher parodistisch, weil wir uns der Lächerlichkeit oder Übertriebenheit mancher Sachen bewusst sind. Ironie ist was, wo man etwas nicht ernst meint. Das tun wir ja nicht, wir meinen es ja eher zu ernst.

Diese Ernsthaftigkeit geht einher mit höchstem musikalischem Anspruch. Mynther spielt Klavier, als sei es eine Soloplatte für Flügel. Mal zärtlich, mal zickig, mal tänzerisch, mal aufbrausend. Das bekommt besonders in den drei Instrumentalen der Platte zur Geltung.

Zur Verstärkung haben sich von Lowtzow und Mynther eine Cellistin, einen Posaunisten und zum wiederholten Mal die Sängerin Michaela Meise geholt – Gruppensitzung bei Dr. Schaden Freud, sozusagen.

Pardon My English ist eine Nischenplatte. Auch die Konzerte von Phantom Ghost sprechen nur ein sehr kleines Publikum an und sind daher selten. Aber wie gut, dass es Menschen gibt, wie in diesem Fall zum Beispiel das Label Dial, die auch solche Nischenmusik noch unterstützen.

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