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Green Radio | Lageenergiespeicher: Ein Felsen als Batterie

Deutschland braucht in Zukunft mehr Energiespeicher. Ein Tübinger Wissenschaftler arbeitet deshalb gerade an einer ungewöhnlichen Idee: Er will Energie speichern, indem er mit Wasserdruck ganze Felsmassive hochpresst.

In Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt

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Je mehr Strom in Zukunft aus erneuerbaren Energien kommt, desto wichtiger werden Energiespeicher, um die schwankende Stromversorgung aus Sonnen- und Windkraft ausgleichen zu können. Bei einem heftigen Herbststurm zum Beispiel erzeugen Windräder einen Energieüberschuss, bei viel Sonne produzieren Photovoltaikanlagen solche Spitzen. Ohne große Speicher ginge diese Energie verloren – mit Speicher könnte man sie zu einem späteren Zeitpunkt verbrauchen.

Eine neue Form des Pumpspeichers

Bislang erscheinen Pumpspeicherkraftwerke als gute Lösung: Dabei wird mit überschüssiger Energie Wasser auf einen Berg gepumpt. Sobald Strommangel herrscht, lässt man das Wasser wieder bergab rauschen und treibt damit Turbinen an – man bekommt die vorher reingesteckte Energie also wieder zurück.

Allerdings sind Pumpspeicher sehr aufwändig und teuer, man braucht viel Fläche für Stauseen und einen großen Höhenunterschied. Deshalb hat sich der Tübinger Physiker und Ingenieur Eduard Heindl eine andere Speicher-Technologie ausgedacht: Er will überschüssige Energie nutzen, um mit Wasserdruck ganze Felsen anzuheben. Dafür wird weniger Wasser benötigt und vor allem weniger Fläche. Für Green Radio hat er uns das Prinzip dieses Speichers erklärt.

Green Radio | Lageenergiespeicher: Ein Felsen als Batterie 04:54

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Der Beitrag zum Mitlesen:

Der Physiker und Ingenieur Eduard Heindl bezeichnet sein Konzept als „Lageenergiespeicher“. Das Prinzip ist einfach: Mit Wasserdruck wird ein großer Fels-Zylinder in einem Gebirge in die Höhe gepresst. Will man die Energie aus dem Speicher später zurückgewinnen, lässt man den Felsen wieder herab gleiten. Dabei drückt er das Wasser unter sich heraus und treibt damit Turbinen an, die Strom erzeugen. Bauen lässt sich so ein Lageenergiespeicher mit gewöhnlichen Bergbau-Methoden, sagt Eduard Heindl:

Das heißt, man schneidet unten eine Bodenfläche von dem Zylinder weg, so ähnlich wie beim Steinkohlebergbau, und die Seitenwände, die werden mit so Seilsägen geschnitten, damit die eben auch abgetrennt sind. – Eduard Heindl

Um den Fels zu heben, reicht laut Heindl ein Wasserdruck von etwa 40 bar – schon einfache Hochdruckreiniger arbeiten mit mehr Druck. Ein riesiger Dichtungsring rund um den Zylinder verhindert, dass an den Rändern Wasser austritt. Der Lageenergiespeicher hat gegenüber anderen Technologien wie Batterien oder herkömmlichen Pumpspeichern vor allem einen Vorteil: Er speichert den Strom deutlich billiger.

Ein typischer Wert heute ist ja immer die Lithium-Batterie, die manche Leute sich in den Keller stellen. Da rechnen sie mit mindestens 500 bis 1000 Euro pro Kilowattstunde. Pumpspeicher liegen heute bei etwa 100 Euro, und da ist auch der Bereich, wo wir anfangen werden. Und wir können dann runterkommen unter 20 Euro pro Kilowattstunde. Also ein Fünfzigstel oder was von einer klassischen Batterie. – Eduard Heindl

Dass der Lageenergiespeicher so wirtschaftlich ist, liegt an einem bautechnischen Vorteil: Je größer man ihn baut, desto besser wird das Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Speicherkapazität wächst deutlich überproportional zum Radius, die Baukosten steigen dagegen sehr viel langsamer, erklärt Physiker Heindl:

Wenn man einen doppelt so großen Speicher baut, hat man 16 mal so viel Energie drinnen. Aber das Bauen des Speichers, das ist ja immer nur das Freilegen dieser Oberfläche. Und das ist nur viermal so viel. Das heißt, wenn ich den Speicher doppelt so groß baue, dann habe ich nur noch ein Viertel des Preises pro Speicherkapazität. – Eduard Heindl

Um dieselbe Kapazität zu erreichen wie das größte deutsche Pumpspeicherkraftwerk, bräuchte man einen Lageenergiespeicher mit einem Durchmesser von 250 Metern. Das ist vergleichsweise wenig, denn das Pumpspeicherkraftwerk hat einen künstlichen Stausee, der mehr als zehnmal so viel Fläche einnimmt und ein Vielfaches des Volumens. Bei voller Ladung würde ein Speicher-Zylinder dieser Größenordnung 125 Meter aus der Erde ragen. Dafür braucht man den passenden Standort mit gutem, stabilem Gestein:

Und da gibt es zum Beispiel im Schwarzwald sehr gute Gesteine, oder in der Lausitz, also überall dort, wo man heute Granit fördert oder andere gute Gesteine, wie Marmor oder Schiefer oder so, dort ist eigentlich auch immer ein guter Standort für so einen Speicher. – Eduard Heindl

Außer dem passenden Gestein muss auch Wasser in der Nähe sein, um den Felsen hochzupressen. Das erschwert zwar die Standort-Suche. Ein großes Problem sieht Heindl darin aber nicht.

Man braucht halt einen Fluss, von dem man zunächst mal Wasser entnimmt, um gegebenenfalls das in ein kleines Staubecken zu leiten. Aber wir brauchen im Gegensatz zu klassischen Pumpspeichern viel weniger Wasser. Weil das ist ja bei uns nur die Hydraulik-Flüssigkeit. Die Energie wird ja nicht in dem Wasser als solches gespeichert, sondern die wird ja im Fels gespeichert. – Eduard Heindl

Für den Anfang schweben ihm kleinere Speicher vor, vielleicht mit einem Zylinder-Durchmesser von 100 Metern. Damit sie sich rechnen, müssten sie in kürzeren Zyklen aufgeladen und entladen werden – zum Beispiel könnten sie am Tage überschüssigen Sonnenstrom speichern und ihn nachts wieder abgeben. Langfristig braucht das deutsche Energienetz aber viel größere Speicher:

Dann wird man eben auch längere Zyklen fahren, wie zum Beispiel, wenn ein Windfeld vorbei kommt. Vor einer Woche hatten wir einen starken Wind, jetzt haben wir überhaupt keinen, und jetzt hätte man das eben über eine Woche speichern müssen. Genau für diese Zyklen können dann Großspeicher, die dann mehrere hundert Meter Durchmesser haben, optimal gebaut werden. – Eduard Heindl

Doch bis es so weit ist, sind noch viele Fragen zu klären. Bislang gibt es nur das Modell eines Lageenergiespeichers im Maßstab 1 zu 250. Im kommenden Jahr sollen Gutachter Computermodelle erstellen und die Kosten des Projektes einschätzen.

Weil wir haben auch andere Interessenten, die würden uns sozusagen einen Standort geben und auch da investieren, wenn sie eine klare Preisaussage haben. Wie teuer wird das, wie stabil ist es. Und genau diese gutachten müssen zuerst gemacht werden. – Eduard Heindl

Danach wird drei Jahre lang geplant, werden detaillierte Baupläne gezeichnet. Parallel dazu läuft die Standortsuche. Und wenn alles klappt, kann es danach losgehen mit dem Bau.

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