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Bald ein Produkt der Vergangenheit? Laut der Commons-Bewegung soll gegenseitiges Helfen Geld überflüssig machen. Foto: billets-de-banque-euros-1456165834Zs3 / credits: CC0 1.0 | CAN Europe / flickr.com

Neue Auswertung für den Niedriglohn

Weniger Niedriglohn durch Mindestlohn

Eine aktuelle Auswertung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass der Niedriglohnsektor rapide schrumpft. Nur die Wenigsten müssen noch einen Stundenlohn unter 8,50 Euro hinnehmen. Sind die Zahlen realistisch?

Der tarifliche Niedriglohn-Sektor wird immer kleiner. Seit 2010 ist laut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung der Anteil der Vergütungsgruppen, die ein Gehalt unter 8,50 Euro vorsehen, von 16 Prozent auf drei Prozent gesunken. Demnach setzt sich der Trend aus dem vergangenen Jahr fort: Damals lag der Niedriglohn-Anteil noch bei rund sechs Prozent.

Eine Ursache: Mindestlohn

Eine Ursache für die positive Entwicklung scheint vor allem die Einführung des Mindestlohns vor gut einem Jahr zu sein. Dieser soll (fast) jedem Angestellten in Deutschland eine Mindestbezahlung von 8,50 Euro pro Stunde garantieren. So ganz klappt das jedoch nicht. Denn es gibt noch genug Schlupflöcher, um diese Regelung zu umgehen.

Doch es gibt auch legale Möglichkeiten, die den Mindestlohn bislang aufweichen. Gerade in den Branchen Gartenbau, Gebäudereinigung, Friseurhandwerk, Landwirtschaft und Floristik verdienen Arbeitnehmer auch jetzt noch weit weniger. Möglich ist das durch Übergangsfristen. Durch diese ist es möglich, das Lohnniveau schrittweise zu erhöhen – allerdings nur noch in diesem Jahr, dann läuft die Frist aus.

Nicht nur gut?

Trotzdem ist die Einführung des Mindestlohns für viele ein Segen. Sie bringt aber nicht nur Positives mit sich. So werden beispielsweise in der Taxibranche viele Angestellte entlassen, da sie bei höheren Löhnen nicht mehr gehalten werden können. Andere stellen fest, dass man auch von den höheren Gehältern kaum ein gutes Leben führen kann.

Internationaler Vergleich

Deutschland nimmt beim Mindestlohn keineswegs eine Vorreiterrolle ein. In anderen Ländern gelten ähnliche Regelungen schon lange und dort liegt der Mindestlohn oft weit über 8,50 Euro. Über eine Anhebung in Deutschland auf 8,80 € zum Januar 2017 wird bereits verhandelt und auch dabei kann es wohl bei steigenden Lebenshaltungskosten nicht bleiben.

Selbst wenn jetzt der Mindestlohn angehoben wird, haben wir danach auch immer noch einen Niedriglohnsektor. – Dr. Reinhard Bispinck, Experte für Tarifpolitik

Niedriglohn im Osten und Westen

Auch innerhalb der Bundesrepublik gibt es, was den Niedriglohn betrifft, ein Gefälle.

Vom Mindestlohn profitieren vor allem die Beschäftigten in Ostdeutschland zahlreich, weil dort ein im Durchschnitt sehr viel niedrigeres Lohnniveau existiert. – Dr. Reinhard Bispinck

Bei der Niedriglohn-Debatte ist das Ziel noch lange nicht erreicht. Fest steht: Die Einführung des Mindestlohns nützt vor allem Benachteiligten wie Geringqualifizierten, Frauen und Beschäftigten im Diensleistungssektor – wenn sie bisher nicht gerade unter eine der Ausnahmen fallen.

Über die Entwicklungen im Niedriglohnsektor hat detektor.fm-Moderatorin Jennifer Stange mit Reinhard Bispinck gesprochen.

Dr. Reinhard Bispinck - Abteilungsleiter des WSI und Experte für Tarifpolitik

Abteilungsleiter des WSI und Experte für Tarifpolitik
8,50 Euro ist nicht die Grenze für einen Niedriglohnsektor. Normalerweise spricht man von einem Niedriglohn, wenn der in etwa Zweidrittel des mittleren Lohnniveaus erreicht. Das wäre in Deutschland ungefähr 9,30 Euro bis 9,40 Euro.Dr. Reinhard Bispinck
Niedriglohn Boeckler Stiftung Bispinck 07:54

Redaktion: Ines Gerber

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