Vom NSU-Prozess gibt es keinen Mitschnitt, weder in Bild noch in Schrift. Was es gibt, ist ein Dokumentar-Hörspiel.
Dieses Dokumentar-Hörspiel beruht auf den 6.000 Protokoll-Seiten der ARD-Gerichtsreporterinnen und -reporter, die den NSU-Prozess begleitet haben. „Saal 101“ macht die Kälte eines Gerichtsprozesses hörbar, lässt Akten und Verfahrensabläufe ihre kompromisslose, oft unemotionale Sprache sprechen. Die von Schauspielerinnen und Schauspielern eingesprochenen Zeugenaussagen werden immer wieder durch andere Audioelemente unterbrochen. Schritte, Stühle, die gerückt werden, das Klopfen des Richterhammers.
Dieser nüchterne Klang steht im Podcast „Saal 101“ in starkem Kontrast zum Leid und zur Fassungslosigkeit der Hinterbliebenen. Da sind etwa die Worte der Frau von Mehmet Kubaşık, der 2006 vor seinem Dortmunder Kiosk erschossen wurde.
Zu diesem Prozess zu kommen, war niemals leicht für mich heute. Diese Leute zu sehen, ist auch nicht leicht für mich. Ich wurde immer wieder krank, wenn ich in diesem Prozess war. Besonders schwer ist es, den Blick dieser Frau auszuhalten. Ihre Stellungnahme war so, als würde sie uns beleidigen. Ich hatte das Gefühl, sie macht sich lustig über uns. Aber auch der Tag, an dem die Polizisten aus Dortmund ausgesagt haben, war ein schlimmer Tag für mich. Zu hören, welchen Beweisen sie nicht nachgegangen sind. Ich will, dass die Angeklagten verurteilt werden, dass sie angemessene Strafen bekommen, aber meine Fragen sind in dem Prozess nicht beantwortet worden. Warum Mehmet? Warum Dortmund? Gab es Helfer in Dortmund?
Elif Kubaşık, Nebenklägerin im NSU-Prozess, nachgesprochen in "Saal 101"
Dieses Dokumentar-Hörspiel tut weh. Weil es uns in die Abgründe des deutschen Rechtsextremismus führt. Und weil es aufzeigt, dass der Rechtsstaat dort nicht jeden Winkel erreicht. Aber dieser Podcast ist auch ein ganz besonderes Stück Zeitgeschichte, eine akustische Reise in den Gerichtssaal und die Gerichtsbarkeit.
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