Netzneutralität | US-Behörde vor Entscheidung

Verbieten die USA das Zwei-Klassen-Internet?

Bahnt sich ein Meilenstein in der Geschichte des Internets an? In den USA entscheidet die Federal Communications Commission (FCC) darüber, ob Internet-Provider ein Zwei-Klassen-Netz einführen dürfen. Es könnte ein Sieg für die Netzneutralität werden.

Fünf Beamte und die Zukunft des Internets

Kehrtwende bei der US-amerikanischen Kommunikationsbehörde FCC: Noch im Mai 2014 hatte sie in Aussicht gestellt, die Gleichberechtigung im Netz zu Gunsten von Daten-Überholspuren aufzugeben. Heute entscheiden die Commissioner mit großer Wahrscheinlichkeit gegen ein Zwei-Klassen-Internet.

Das Netz ist bis jetzt insofern neutral, als es im Grunde jedes Datenpaket, das durch das Internet verschickt wird, gleich behandelt. Die Netzbetreiber übertragen die Datenmenge mit der gleichen Geschwindigkeit und Priorität, unabhängig davon, woher die Pakete kommen oder was da eigentlich übermittelt wird. Dieses Prinzip nennt sich Netzneutralität.

Provider müssen ausbauen – und wollen Geld

Seit Jahren streben Internet-Provider danach, dieses Prinzip aufzuheben, indem sie sich für die Einführung von Datenbahnen mit verschiedenen Geschwindigkeiten einsetzen. Genauer geht es um die Einrichtung von „Überholspuren“. Die Provider sehen das als notwendiges Mittel an, um den weiteren – und nötigen – Ausbau der Netz-Infrastruktur finanzieren zu können. Die Überholspuren sollen ein deutliches Plus an Einnahmen generieren, inbesondere durch große Unternehmen und Dienstleister wie Google, die auf schnelle Datenverbindungen angewiesen sind.

Das Problem: Während die Marktführer die Überholspur voraussichtlich zahlen können, werden Start-Ups und andere – weniger zahlungskräftige – Marktteilnehmer ausgebremst; es droht ein eingeschränkter Wettbewerb, in dem sich nur Monopolisten behaupten können.

Wie sehr dürfen Datenströme gelenkt werden?

Ein alter Streitpunkt ist die Auswertung und Steuerung von Datenströmen – nicht nur aus Gründen des Datenschutzes. Per „Deep Packet Inspection“ kann ein Provider die Inhalte von Datenpaketen und den mit ihnen verbundenen Anwendungen sichten und über die Sender und Adressaten hinweg bestimmen, wie schnell oder langsam ihre „Lieferung“ dauert. Eine technische Möglichkeit, in der Verfechter der Netzneutralität Potenzial für – nicht nur technisch motivierte – Eingriffe sehen: Also Zensur.

Die FCC selbst sieht die Notwendigkeit eines „Netzwerk-Managements“ zwar gegeben, berücksichtigt die Prinzipien der Netzneutralität nun aber offenbar stärker als in Vergangenheit. Die republikanische Fraktion im fünfköpfigen Gremium will die Entscheidung noch aufschieben, um ein Verbot der Überholspuren weiter in der Öffentlichkeit diskutieren lassen.

Nach einem Gespräch mit Alexander Sander, dem Geschäftsführer der Digitalen Gesellschaft, hat detektor.fm-Reporter Lucas Kreling mit unserer Moderatorin Jennifer Stange das Vorhaben der FCC aufgerollt.

Es kann eine richtungsweisende Entscheidung sein – auch für Europa.Alexander Sander 

Redaktion