detectiv – Die Recherche-Serie | Alltag im Gefängnis

Mikrokosmos mit eigenen Regeln

Banden, strenge Hierarchien und fehlender Kontakt zur Außenwelt bestimmen die Realität der Häftlinge. Correctiv hat in einer neuen Serie die Erfahrungen von Insassen in Deutschland aufbereitet.

Eine Welt hinter Mauern

Das Leben im Gefängnis ist vielen Deutschen unbekannt. Für die über 60.000 Insassen, ihre Angehörigen und die Vollzugsbeamten ist es dagegen Realität. Doch welche Regeln und Hierarchien den Gefängnisalltag bestimmen, lässt sich vor verschlossenen Türen kaum nachvollziehen.

Jetzt hat eine Serie des Recherchenetzwerks Correctiv in Zusammenarbeit mit der Süddeutschen Zeitung und dem Bayerischen Rundfunk durch persönliche Gespräche mit verschiedenen Häftlingen und dem Gefängnispersonal die Parallelwelt abgebildet.

Streng überwachter Gefängnisalltag

Eine der wichtigsten Regeln der Lebenswelt Strafanstalt: Jede Bewegung wird überwacht. Nicht nur vom Gefängnispersonal, sondern ebenso von den Mithäftlingen. So entstehen Hierarchien, mit den Anführern organisierter Banden ganz oben und pädophilen Straftätern ganz unten.

Auch für Angehörige bedeutet jeder Besuch im Gefängnis besondere Strapazen, denn er beginnt mit Filzen und Überwachung. Für Privatsphäre bleibt somit wenig Raum, auch beim eigentlichen Treffen mit den Insassen. Durch diese Umstände gehen Beziehungen zu Ende und das alte soziale Umfeld außerhalb des Gefängnisses wird ersetzt oder verändert durch die Realität in der Strafvollzugsanstalt.

Für das Gefängnispersonal sind die Zustände ebenso problematisch, da oft Personal- und Ressourcenmangel herrscht. Ein Beamter des Strafvollzugs muss sich nämlich teilweise um bis zu 70 Insassen kümmern. Das Ziel der Wiedereinführung von geläuterten Straftätern in die Gesellschaft ist unter diesen Voraussetzung folglich ein weit entferntes Ziel.

Gespräche mit Häftlingen

Erfahren hat Alexander Krützfeldt von Correctiv diese schwierigen Alltagsbedingungen in persönlichen Interviews mit ehemaligen und derzeitigen Insassen und anderen Beteiligten. So hat er zum Beispiel die Realität von Bandenmitgliedern, Sexualstraftätern und Vorzeigehäftlingen erlebt. Die Bedingungen für seine Recherche sind dabei oft einfacher gewesen als gedacht, weil auch die Anstaltsleitungen die Öffentlichkeit über die Verhältnisse aufklären wollen. Somit konnten seine Ergebnisse vor allem durch die Auswertung von Gesprächen entstehen, zu denen die oft einsamen Insassen bereit waren.

Eines der maßgeblichen Probleme der Insassen ist, dass viel Kontakt nach außen verloren geht. – Alexander Krützfeldt, Correctiv

Im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Konrad Spremberg berichtet Alexander Krützfeldt von seinem Eindruck des Gefängnisalltags.

Wenn man sich wirklich über Monate mit Inhaftierten […] auseinandersetzt, dann stellt man fest, dass uns nicht so viel von denen trennt.Alexander Krützfeldt 

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