Peinliches Geständnis: bayerische Polizei betrieb zum Schein einen Dönerladen

Es klingt wie ein schlechter Film: Polizisten haben in Nürnberg zum Schein einen Dönerladen betrieben, um die Neonazi-Terrorzelle NSU – von der man damals noch nichts ahnte – zu schnappen. Lust am Undercover-Spiel – oder sinnvolle Ermittlungsmethodik?

Bernd-Rüdeger Sonnen 

Was sind die geeigneten Mittel, um Kriminelle zur Strecke zu bringen? Im Fall der Ermittlungen gegen die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gingen die Beamten ungewöhnliche Wege. Wie jetzt bekannt wurde, betrieben Polizisten mit V-Leuten in Nürnberg monatelang einen Dönerladen.

Die Beamten erhofften sich durch die Maßnahme Informationen über mafiöse Strukturen in der Dönerindustrie – und damit letztlich zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ NSU, von dessen Existenz man damals jedoch noch keine Ahnung hatte. Pikantes Detail: Über Monate hinweg wurden gezielt Rechnungen nicht bezahlt, um die angebliche „Dönermafia“ zu provozieren.

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der nach Ermittlungspannen im Umfeld der NSU-Morde suchen soll, wurde über diese ungewöhnliche Maßnahme erst gestern informiert – und staunte nicht schlecht. Angeblich fanden sich keine Angaben dazu in den Unterlagen der Ausschussmitglieder. Wie zeit.de berichtet, habe der Ausschussvorsitzende Edathy ungläubig nachgefragt, wie er sich das vorzustellen habe – und ob um den Döner-Stand Tag und Nacht Scharfschützen standen. Und FDP-Mann Wolff habe sofortige Unterbrechung der Sitzung gefordert. Im Netz hingegen kommt Häme auf: vom „Staatsdöner“ ist dort die Rede.

Ob solche Undercoveraktionen sinnvoll sein können, wie sie geplant und durchgeführt werden, und wie dieser Fall denn nun einzuordnen ist, darüber haben wir mit dem Kriminologen Bernd-Rüdeger Sonnen gesprochen.