Ermittlungspannen beim NSU – Muss das deutsche Geheimdienstwesen reformiert werden?

Eine lückenlose Aufklärung – das fordern derzeit Politiker aller Parteien, wenn es um die Zwickauer Terrorzelle geht. Immer mehr Ermittlungspannen kommen ans Licht. Muss das Geheimdienstwesen reformiert werden?

Christian Fuchs 

Die Ermittlungen zu den Morden, die das Zwickauer Terrortrio verübt haben soll, dauern an. In den Untersuchungsausschüssen des thüringischen Landtags und des Bundestags kommen brisante Details ans Licht.

Behörden haben sich Informationen vorenthalten, in entscheidenden Momenten wurden wichtige Akten vernichtet – die Geheimdienste haben versagt. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, trat deswegen gestern zurück.

Die Seite geheimdienste.org listet neun deutsche Geheimdienste auf. Wie sinnvoll ist es, so viele Geheimdienste zu betreiben und können sich diese ausreichend vernetzen?

Wir sind der Frage nachgegangen, ob das Geheimdienstwesen in Deutschland reformiert werden muss. Im Interview hören Sie Christian Fuchs, er ist Journalist und hat das Buch „Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland“ geschrieben.

Hintergrund

Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) ist eine rechtsextremistische Gruppierung. Ihr sollen Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos aus Jena angehört haben.

Ihnen wird ein Nagelbombenanschlag in Köln mit 22 Verletzten, eine Mordserie an Imbissbudenbetreibern sowie der Mord an einer Heilbronner Polizeibeamtin im Jahr 2007 zur Last gelegt. Nach einem Überfall auf eine Sparkassenfiliale im November vergangenen Jahres hatten die beiden Männer des Trios Selbstmord begangen. Wenige Tage später stellte sich die verbliebene Beate Zschäpe der Jenaer Polizei, sie schweigt bislang.

Seitdem wollen mehrere Untersuchungsausschüsse aufklären, warum der NSU zwischen 2000 und 2007 solange unerkannt agieren konnte. Die Arbeit der verschiedenen Nachrichtendienste steht in der Kritik.

Im Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags sprach der ehemalige Chef des Landeskriminalamtes von „Zuständigkeitskriegen“. Behörden hätten sich gegenseitig Informationen vorenthalten.

Auch der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, räumte Fehler ein: Die deutschen Sicherheitsbehörden seien ihrem Schutzauftrag nicht nachgekommen.

Ermittlungspannen auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz: Dort hatten Mitarbeiter Akten zur Mordserie vernichtet, das erfuhr vergangene Woche der Untersuchungsausschuss des Bundestages. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Fromm, zog daraus Konsequenzen: Er trat gestern zurück. Politiker der Linken fordern nun, der Verfassungsschutz müsse aufgelöst werden.

Wir wollen der Frage nachgehen, wie zeitgemäß das Geheimdienstwesen in Deutschland ist. Dazu sprechen ich mit Christian Fuchs, er ist Journalist und hat das Buch „Die Zelle. Rechter Terror in Deutschland“ geschrieben.