Europas Mitte | Fremdenhass in Ungarn

Wir kommen, damit sie uns hassen

Obwohl es dort kaum Flüchtlinge gibt, steht die ungarische Regierung für einen harten Kurs in der Asylpolitik. Mit Plakatkampagnen gegen Flüchtlinge und deren Unterstützer schafft sie seit 2015 ein Klima des Fremdenhasses in Ungarn. Ein Aktivist erzählt.

Flüchtlinge? Fehlanzeige.

Eigentlich hatte Ungarn gerade erst gemeinsam mit der Slowakei gegen die Aufnahme von Flüchtlingen geklagt. Nun ist es andersrum: Die EU klagt gegen Ungarn, Polen und Tschechien, weil die sich weigern, Geflüchtete aufzunehmen. Man könnte mit Blick nach Budapest dabei schon fast von einer Tradition sprechen. Schließlich ist der Streit um Asyl seit 2015 ein Dauerthema in Ungarn. Und das, obwohl kaum Flüchtlinge in Ungarn leben. Laut dem Ungarischen „Helsinki Komitee“ haben im Jahr 2016 nicht mal neun Prozent der Geflüchteten ein Aufenthaltsrecht bekommen.

Staatliche Hetze

Dass man trotzdem viel über Flüchtlinge in Ungarn diskutiert, liegt vor allem an der Regierung. Schließlich hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bereits zu Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise seinen Standpunkt klar gemacht. Mit einer offensichtlich fremdenfeindlichen Plakatkampagne hat sich die Regierung schon im Juni 2015 an Geflüchtete gewandt. Auf den Plakaten waren Dinge zu lesen wie: „Wenn du nach Ungarn kommst, musst du unsere Kultur respektieren“.

Weil die Plakate aber auf Ungarisch verfasst waren – und somit wohl kaum für Geflüchtete verständlich – hat die Kampagne bereits damals für enorme Kritik gesorgt. Das ist allerdings kein Grund für die ungarische Regierung gewesen, auf diffamierende Kampagnen zu verzichten. Davon zeugt bis heute die als antisemitisch und fremdenfeindlich kritisierte Soros-Kampagne.

Fremdenhass in Ungarn ist Alltag

Mit diesen Kampagnen hat die Regierung ein Klima des Fremdenhasses geschürt. Das sagt zumindest Zoltan Ranschburg. Seit vielen Jahren engagiert er sich für Migranten, Roma und Geflüchtete in Ungarn. Er erzählt, dass mit dem Beginn der Flüchtlingskrise der Fremdenhass in Ungarn schlagartig zugenommen habe. Das zeigt auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Tarki aus dem Jahre 2016. Demnach liegt die Zustimmung zu fremdenfeindlichen Meinungen in der ungarischen Gesellschaft bei einem historischen Hoch von 58 Prozent.

„… damit wir sie hassen können“

Zu Beginn der Flüchtlingskrise hat sich Zoltan Ranschburg noch für Geflüchtete engagiert. Heute arbeitet er bei der Subjective Values Foundation täglich mit Migranten zusammen, die sich für ihre Rechte einsetzen wollen.

Wenn sie nach Ungarn kommen, sind sie verwirrt, denn sie sehen die Plakatkampagnen und den spürbaren Fremdenhass. Und sie verstehen nicht, wie die ungarische Gesellschaft zu ihnen steht. Für sie scheint es, als kommen sie nur, damit wir sie hassen können. – Zoltan Ranschburg von der Subjective Values Foundation

Im Podcast erzählt Zoltan Ranschburg von seinen Erfahrungen als Aktivist für Migranten und Flüchtlingen und was sich seiner Meinung nach ändern muss, um dem vermeintlichen Fremdenhass in Ungarn zu begegenen. detektor.fm-Reporter Lars-Hendrik Setz hat mit ihm in Budapest gesprochen.


In „Europas Mitte“ reist Lars-Hendrik Setz durch die Visegrád-Länder. Im Podcast sammeln wir alle Episoden. Alle Folgen gibt es auch direkt bei Apple PodcastsDeezer und Spotify.

 

Redaktion