Die Stasi hat alles und jeden überwachen wollen. Aus neu veröffentlichten Dokumenten der Staatssicherheit geht hervor, wie wenig sie über die DDR-Jugend und die westdeutsche Band Fehlfarben gewusst hat.
Das Buch „Verschluss-Sachen“ gibt einen Überblick über die (zum Teil dilettantische) Arbeit der Stasi. Es ist ein Überblick über die lange Ermittlungsgeschichte des Ministeriums für Staatssicherheit.
Unter anderem rätseln darin Beamte der Staatssicherheit über Liedtexte, die ihnen 1982 in die Hände kommen. Sie fragen sich, wer denn in der DDR solche aufrührerischen Texte verfasst. Denn mit der westdeutschen Band Fehlfarben, von der die Texte stammen, können sie nichts anfangen.
Man sieht daran, dass die Stasi keinen Kontakt mehr zur jugendlichen Bevölkerung hatte, nicht verstanden hat, um was es sich hier handelte. — Philip Springer, Historiker
Ein inoffizieller Mitarbeiter der Stasi ist damals Experte für literarische Texte. Der Germanist aus Neubrandenburg ist eigentlich dafür zuständig, der Stasi Einschätzungen über das oppositionelle Potenzial von Texten junger Autoren zu geben.
Was er allerdings nicht weiß: Fehlfarben ist keine DDR-Untergrundbewegung, sondern eine erfolgreiche westdeutsche Punkband. Trotzdem sind die Ermittlungen weitergesponnen worden, denn der Experte sieht in den Texten Verführung zu oppositionellen Taten.
Die Band war aus Düsseldorf und die Düsseldorfer Punk- und Skaszene war sicher weit weg von der DDR, sowohl gedanklich als auch musikalisch. — Philip Springer
Das Buch „Verschluss-Sachen“ zeigt ausgewählte Fälle aus dem Stasi-Archiv. Dazu gibt es noch Fotos von Originaldokumenten. Auf der Website des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes kann man das Buch herunterladen. detektor.fm-Redakteur Joachim Dresdner hat mit dem Historiker Philip Springer über die seltsame Ermittlung der Stasi zu den Fehlfarben-Texten gesprochen.
Redaktion: Laura Almanza und Rewert Hoffer