Forschungsquartett | Weniger Jugendkriminalität

Die Jugend von heute

Ein 19-Jähriger, der einen Neunjährigen tötet, Amokläufe in Einkaufszentren, Jugendliche, die in Gruppen Passanten in Berliner U-Bahnhöfen in Lebensgefahr bringen. Das Bild, das uns viele Medien von Jugendlichen zeigen, ist oft alarmierend. Dabei ist die Entwicklung der Jugendkriminalität in Deutschland positiv.

Laut der Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamtes ist die Jugendkriminalität in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Dennoch steigt die Angst vor gewalttätigen Jugendlichen. Medienberichte über brutale Übergriffe, Amokläufe und Terroranschläge machen vielen Angst.

Mir begegnet heute sehr viel häufiger in einer Nachrichtensendung eine Meldung über ein Ereignis. Nach einiger Zeit habe ich das Gefühl, ich habe sehr viel darüber gehört, also ist es auch relativ häufig. Ich vergesse dabei aber, dass es sich um wiederholte Meldungen über einzelne Ereignisse handelt. – Thomas Bliesener, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen

Seit einigen Jahren führt Blieseners Institut Befragungen zu Kriminalitätsfurcht und zum Medienkonsum durch. Hier ist demnach deutlich erkennbar, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Boulevardmagazinen und der Angst vor Kriminalität gibt.

Digitalisierung schwächt Jugendkriminalität

Es reiche schon ein Blick in die digitalen Medien, um immer wieder auf Bilder gewalttätiger Jugendliche zu stoßen, erklärt Rita Haverkamp, Professorin für Kriminalprävention an der Universität Tübingen. Es sei heute wesentlich sichtbarer, weil eben Video-Aufnahmen kursieren. Anders als vor 30 Jahren, wo die gleiche Tat kaum derart in der öffentlichen Diskussion gelandet ist. Zwar fördern digitale Medien die Präsenz von straffälligen Jugendlichen, gleichzeitig lenken sie aber möglicherweise auch von Straftaten ab.

Dass die jetzt vorm Computer sitzen und mit dem Smartphone spielen, könnte auch ein wesentlicher Grund sein, dass die Jugendkriminalität zurückgeht. – Rita Haverkamp

Ältere mit zu wenig Kontakt zu Jugendlichen

Vor allem ältere Menschen fühlen sich trotz der positiven Entwicklung der Jugendkriminalität schnell in Gegenwart lauter, betrunkener oder pöbelnder Jugendlicher unwohl. Dass die Kommunikation zwischen älteren und jüngeren Menschen zunehmend schwieriger wird, hängt auch mit dem demographischen Wandel zusammen. In einer alternden Gesellschaft nimmt demnach die Toleranz gegenüber Jugendlichen ab.

Wenn man bedenkt, vor 30 Jahren gab es noch deutlich mehr Jugendliche als heutzutage. Da sollte man auch nicht unterschätzen, dass Jugendliche dann vielleicht auch mehr Angst erzeugen, wenn sie sich im öffentlichen Raum aufhalten. – Rita Havekamp

Was formt die gefühlte Wahrheit über Jugendkriminalität? Und wie kann man sie dem tatsächlichen, eigentlich positiven Zustand anpassen? Diese Fragen haben sich Wissenschaftler in Berlin auf einer Konferenz der Max-Planck-Gesellschaft gestellt. detektor.fm-Reporterin Juliane Neubauer fasst die Erkenntnisse zusammen.

Redaktion