Gesundheitskarte für Geflüchtete

Eine Chipkarte, die viele Probleme löst.

Ein Arzt, wenig Zeit und tausend Patienten: Zur Zeit ist das in Flüchtlingsunterkünften keine Seltenheit. Die medizinische Versorgung kann vielerorts nicht ausreichend geleistet werden. Die Gesundheitskarte für Geflüchtete scheint da eine gute Lösung. Trotzdem wird das Modell viel diskutiert. Warum?

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Das Bremer Modell

Seit zehn Jahren gibt es in Bremen die Gesundheitskarte für Geflüchtete. Nach dem Arztbesuch rechnet die Krankenkasse die Arztkosten mit dem Sozialamt ab, denn das übernimmt die Behandlung. Der Arzt kann anhand der Karte nicht feststellen, ob der Patient ein Geflüchteter ist oder nicht. Das ist einer der Gründe, weshalb die Karte in Bremen eingeführt worden ist.

Das System in anderen Bundesländern

Die in anderen Bundesländern übliche Handhabe diskriminiere nämlich die Menschen, mahnen Befürworter der Karte. Wenn ein Geflüchteter dort einen Arzt sehen will, muss er sich vorher einen Behandlungsschein vom Sozialamt ausstellen lassen. Behandelt werden nur akute Krankheiten. Das legt das Asylbewerberleistungsgesetz fest. Wann aber ist eine Krankheit akut und wann nicht? Darüber entscheiden dann die Verwaltungsangestellten der Sozialämter bevor sie den nötigen Schein ausstellen.

Ärzte warnen

Die Bundesärztekammer kritisiert: Kommt der Geflüchtete zum Arzt, weiß dieser sofort um den Status des Menschen und auch, dass er nur akute Beschwerden behandeln darf. Der Präsident der Bundesärztekammer Dr. Ulrich Montgomerey spricht hier von einer „Diskriminierung per Gesetz“. Diese Einschränkungen stünden der medizinischen Ethik entgegen, laut dieser alle Menschen das gleiche Recht auf die gleiche medizinische Versorgung haben.

Die Karte spaltet die Regierung

Weil die medizinische Versorgung Geflüchteter zur Zeit nur schlecht bis gar nicht funktioniert, wird die Diskussion um die Einführung einer bundesweiten Gesundheitskarte für Geflüchtete wieder lauter – auch in den Parteien. Die SPD und die Grünen sprechen sich für die Karte aus, CDU/CSU sind dagegen. Sie befürchten, dass die Gesundheitskarte Menschen anlocke, die sich eine medizinische Behandlung in ihrem Heimatland nicht leisten können. Sie würden in Deutschland auf eine kostenlose Behandlung hoffen. Dadurch würden die Kosten des deutschen Gesundheitssystems in die Höhe getrieben. Die Erfahrungen aus Hamburg und Bremen zeigen aber, dass die Kosten eher sinken, weil der Verwaltungsaufwand viel geringer ist. In Hamburg seien so pro Jahr 1,6 Millionen Euro eingespart worden.

Die Leute kommen nicht nach Deutschland, fahren über das Mittelmeer, wo tausende von Menschen umkommen, um dann zu sagen: Ich möchte mir da jetzt diese oder jene Behandlung machen lassen. Das ist vollkommen daran vorbei, wie existenziell die Lage von Flüchtlingen ist. – Vera Bergmeyer, MediNetz Bremen

Über die Situation in Bremen und die bundesweite Diskussion über die Gesundheitskarte für Geflüchtete hat detektor.fm- Moderator Christian Bollert mit Vera Bergmeyer gesprochen. Sie arbeitet bei der Initiative MediNetz Bremen und hat die Einführung der Gesundheitskarte vor zehn Jahren begleitet.

Noch gibt es einen Flickenteppich: jede Kommune muss mit einer Krankenkasse eigene Veträge schließen. Das heißt, dass man viele kleine Verträge und viele einzelne Abkommen hat. Es braucht eine einheitliche Vorgabe der Länder über die Veträge und Kooperationen mit den Krankenkassen.Vera Bergmeyer 

Redaktion: Maren Schubart