Getrennter Unterricht für Jungen und Mädchen

Comeback der Mädchenschule?

Mädchen sind schlecht in Naturwissenschaften, Jungs hassen Französisch und Deutsch. Solche Geschlechterrollen halten wir für längst überholt und einen einheitlichen Lehrplan für selbstverständlich. Nun wird ein nach Geschlechtern getrennter Unterricht wieder populär.

Ursprünglich wurden Mädchen- und Jungenklassen zusammengelegt, um die Benachteiligung von Mädchen aufzuheben. Auf den ersten Blick mag das gelungen sein. Mädchen gehen heute häufiger auf Gymnasien als Jungen, machen bessere Abschlüsse und bleiben seltener sitzen. Doch in naturwissenschaftlichen Fächern wie Mathematik und Physik hinken sie immer noch hinterher. Das zeigte auch die aktuelle PISA Studie. Weitere Untersuchungen belegen, dass sich Mädchen in diesen Fächern in gemischten Klassen weniger zutrauen.

Auf der Mädchenschule zum Erfolg?

Einige Pädogogen plädieren daher für eine Trennung nach Geschlecht in den Schulklassen. Sie bevorzugen den sogenannten monoedukativen Unterricht. Auf Mädchenschulen wählen die Schülerinnen die Naturwissenschaften eher zu ihren Aschlussfächern, erbringen darin bessere Leistungen und entscheiden sich eher für ein Studium in diesem Bereich. Reine Mädchenschulen seien jedoch auch häufiger Privatschulen. Dadurch könnten die Ergebnisse nicht allgemeingültig sein. Auch für Jungen biete der Unterricht unter ihresgleichen Vorteile. In koedukativen Klassen würden sie häufig gegenüber Mädchen benachteiligt und als Unruhestifter wahrgenommen.

Kompromiss: Sprachen gemeinsam, Sport getrennt

Einige Experten halten eine Trennung nur in bestimmten Fächern für sinnvoll. In Sprachen beispielsweise melden sich Jungen in gemischten Klassen häufiger. Im Sportunterricht hingegen könne getrennter Unterricht aufgrund körperlicher Unterschiede durchaus Sinn machen. Außerdem sei es in der Pubertät für eine offene Diskussion förderlich, Themen wie Sexualität in Biologie getrennt zu behandeln.

Mädchen und Jungen unter Generalverdacht

Man kann keinen Unterricht ohne Stereotypen machen. Die Frage ist jedoch: Macht man diese zum Ausgangspunkt, oder versucht man diese stets zu reflektieren. –  Jürgen Budde

Ein grundlegendes Problem in der ganzen Diskussion: Es werden stets Geschlechterstereotypen reproduziert. Allen Jungen oder Mädchen wird bei getrenntem Unterricht aufgrund ihres Geschlechts unterstellt, in bestimmten Fächern einen Nachholbedarf zu haben. So werden schnell individuelle Talente übersehen. Vielmehr sollten Lehrer Strategien entwickeln, Schüler je nach Stärken und Schwächen zu fördern und ein Lernen jenseits der Geschlechtergrenzen zu ermöglichen.

Wann macht es Sinn, Jungen und Mädchen getrennt voneinander zu unterrichten? Über diese Frage hat detektor.fm-Moderatorin Jennifer Stange mit Jürgen Budde, Professor für Schulpädagogik an der Universität Flensburg, gesprochen.

Natürlich kann es einen Unterschied machen ob jemand als Junge oder als Mädchen aufwächst. Aber ich würde dafür plädieren, diesen Unterschied nicht zu stark zu machen. Jürgen Budde