Ist das gerecht? | Befangenheit in der Verhandlung

Geplanter Rechtsspruch?

Bei einem Prozess am Amtsgericht Hamburg soll ein Richter bereits vor der Verhandlung das Urteil geschrieben haben. Wann herrscht Befangenheit vor und wann nicht?

Panne bei Akteneinsicht

Ein angeklagter Umweltaktivist in Hamburg beantragt zum Zwecke seiner anstehenden Verhandlung Akteneinsicht. Doch dabei macht er eine überraschende Entdeckung. Denn in einer Seitentasche der Akte findet sich eine handschriftliche Notiz mit Smiley: „Bitte vor der Akteneinsicht alle Unterlagen dringend aus der Vote entfernen. Danke“. Außerdem liegt in der Akte eine Art Formular, das einen Vermerk des Richters zur Urteilsverkündung beinhaltet.

Dort hatte er mit Kürzeln die Straftatbestände aufgeführt, hatte ein bisschen auch was zum Strafrahmen niedergekritzelt. Und das machte den Eindruck, als habe er quasi schon das Urteil vorbereitet. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt

Auch der Beklagte selbst teilte diesen Eindruck. Wegen des Verdachts auf Befangenheit beantragte der Beschuldigte daraufhin ein Ablehnungsgesuch.

Wann handelt es sich um Befangenheit?

Richter können von vornherein kraft Gesetzes von bestimmten Prozessen ausgeschlossen werden. Das gilt zum Beispiel, sofern objektiv gesagt werden kann, dass ein Richter privaten Bezug zu einem Fall hat. Denn ein solches Verhältnis zum Verfahren könnte das Urteilsvermögen des Richters beeinflussen. Doch Befangenheit muss nicht immer nachweisbar sein. Auch eine begründete Besorgnis kann unter Umständen schon zur Ablehnung eines Richters führen.

Wann kann oder sollte man Befangenheitsanträge stellen? Darüber hat detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop mit Rechtsanwalt Achim Doerfer gesprochen.

Wichtig ist dann eben nur, dass man sich dessen bewusst ist, damit man sich da zügeln kann und damit man sich auch selber bei Überschreitungen erwischen kann. Und da muss ich aus der Praxis sagen: Das lernen Richter zu wenig, sie haben da zu wenig Selbstkritik.Achim Doerfer  

Redaktion: Irma Klundt


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