Ist das gerecht? | Faires Verfahren für Geheimdienstler

Ein Agent vor Gericht

Ein Geheimdienstler hat gegen die Niederlande geklagt. In einem vorangegangenen Prozess war er teilweise zur Verschwiegenheit verpflichtet – auch gegenüber seinen Anwälten: Ist das gerecht?

Mr. M – der Geheimdienst-Agent

Angefangen hat das Verfahren rund um den Geheimdienstmitarbeiter Mr. M bereits 2004. Er wurde angeklagt, Informationen des AIVD  an nicht-autorisierte Personen weitergegeben zu haben. Der Sicherheitsdienst informierte ihn zu Beginn des Verfahrens, dass er von seiner Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden sei. Dies betreffe auch seinen Rechtsbeistand.

2005 hat das Gericht Mr. M zu vier Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Danach ging es in die Berufung. 2010 reichte dann Mr. M seine Anklage gegen die Niederlande ein: Er hält seinen Prozess für nicht fair. Jetzt, 13 Jahre nach Beginn des Verfahrens, gibt es eine Entscheidung vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Unklare Rechtslage

Grundsätzlich hat laut Artikel sechs der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten jeder das Recht auf ein faires Verfahren. Unter anderem bedeutet das: effektive Beweisführung durch Zeugen, Gewährleistung einer effektiven Vorbereitung und das Recht auf einen Anwalt. Als Mitarbeiter eines staatlichen Sicherheitsdienstes unterliegt man aber gleichzeitig den Gesetzen zum Schutz von Geheimnissen. Denn höchste Priorität hat die Sicherheit des Staates. Deshalb gilt für viele Informationen die Geheimhaltungspflicht.

Das Recht auf ein faires Verfahren ist geregelt. Aber weiter ist das nicht definiert. Das heißt, man muss in jedem Einzelfall sehen, was meinen wir mit einem fairen Verfahren. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt

Das Urteil: ein halber Sieg

Der Kläger hat einen Teilsieg errungen. Denn der europäische Gerichtshof hat besonders die Einflussnahme des Geheimdienstes auf die Kommunikation zwischen dem Angeklagten und seinem Rechtsbeistand bemängelt. Schwärzungen in Dokumenten und geheime Zeugenbefragungen sind in diesem Fall aber zulässig gewesen.

Der Kläger und alle Bürger brauchen einen langen Atem. Die Entscheidung ist menschenrechtlich von großer Bedeutung. Es muss dringend geklärt werden, ob man sich als Geheimdienstmitarbeiter wie ein normalen Bürger auf alle Rechte berufen kann. – Achim Doerfer

Ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter zwischen eigener Verteidigung und Schweigepflicht: detektor.fm-Moderatorin Marie Landes hat mit dem Rechtsanwalt Achim Doerfer über den Fall gesprochen.

Das Gericht hat im Prinzip eine reine Feststellung getroffen, dass in dem Punkt ‚Kommunikation mit dem Verteidiger‘ Rechte verletzt wurden. Niederländische Gerichte müssen jetzt entscheiden, ob das reicht, um den Fall wieder aufzurollen.Achim Doerfer 

Redaktion: Barbara Butscher


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