Ist das gerecht? | Fußballstreit in Dessau

Verein darf sich keinen Fehlschuss mehr erlauben

Viele Schüsse, aber kein Tor, dafür ein kurioses Urteil. Einem Fußballverein in Dessau in Sachsen-Anhalt drohen bis zu 250.000 Euro Strafe, wenn Fußbälle künftig auf dem Nachbargrundstück landen. Mit diesem Urteil endet nach zehn Jahren ein kurioser Streit zwischen einem Anwohner und dem Verein.

Ein bizarrer Rechtsstreit hat die Stadt Dessau in den letzten Jahren beschäftigt. In der nahe gelegenen Ortschaft Kochstedt ist dabei der Fußball, besser gesagt viele Fußbälle, zum Stein des Anstoßes geworden. Denn der Sport und die Fußbälle stoßen bei einem Nachbarn des Fußballplatzes in Dessau-Kochstedt auf wenig Gegenliebe.

Seit fast zehn Jahren tobt der Streit schon. Dabei geht es um Fußbälle, die vom Platz des TuS Dessau-Kochstedt auf das Nachbargrundstück geflogen sind. Der Anwohner fühlt sich dadurch so sehr gestört, dass er in den letzten Jahren sehr genau Protokoll geführt hat. So landeten mindestens 135 Bälle allein im Jahr 2014 auf seinem Grundstück, deshalb hat er vor Gericht geklagt.

Dessau sorgt für Aufsehen

In die Auseinandersetzung haben sich auch die Stadtverwaltung, der Stadtrat und selbst der Oberbürgermeister eingeklinkt. Denn sie haben versucht, den Streit zu schlichten und außergerichtlich zu lösen. Auch der Verein wollte durch bauliche Maßnahmen den Streit beilegen. So wurde beispielsweise der Hauptplatz um zwei Meter verlegt, um mehr Abstand zum Nachbargrundstück zu schaffen.

Außerdem hat der TuS Dessau-Kochstedt einen vier Meter hohen und 285 Meter langen Ballzaun errichtet. Dieser kostete fast 30.000 Euro. Genützt haben die Maßnahmen bislang jedoch wenig. Nun ist der kuriose Streit vom Oberlandesgericht in Naumburg entschieden worden.

Man hätte sich schon nachbarschaftlich einigen müssen. Das wäre die bessere Vorgehensweise gewesen. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt

Verein muss nachbessern

Die Fußballer vom Sportverein Dessau-Kochstedt dürfen sich in Zukunft nun keine Fehlschüsse mehr erlauben. Sollten mehr als 52 Bälle pro Jahr (also einer pro Woche) auf dem Nachbargrundstück landen, droht dem Verein theoretisch eine Strafe von bis zu 250.000 Euro oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft.

Das Ballfangnetz soll deshalb am Nebenplatz um weitere drei Meter erhöht werden, der Verein rechnet dabei mit weiteren Kosten von 2.500 Euro bis 3.000 Euro. Derzeit ist der Platz sogar gesperrt, damit keine Bälle mehr auf dem Grundstück des Nachbarn landen.

Die Richter haben juristisch standardmäßig entschieden. – Achim Doerfer, Rechtsanwalt

Über den Streit um Fußbälle in Dessau und das kuriose Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg hat detektor.fm-Moderator Gösta Neumann in unserer Serie „Ist das gerecht“ mit Rechtsanwalt Achim Doerfer gesprochen.

Man kann sehen, dass das OLG Naumburg eigentlich keiner der beiden Seiten geholfen hat. Es hat auch dem Grundstückbesitzer Steine statt Brot gegeben.Achim Doerfer 

Redaktion: Matthias Stiebing