Ist das gerecht? | Hitzefrei am Arbeitsplatz

Ab wann bekommen Arbeitnehmer hitzefrei?

Tropenhitze, weit über 30 Grad, keine Abkühlung in Sicht – müssen Arbeitnehmer im Büro schwitzen? Ab wann muss der Arbeitgeber auf die Hitze reagieren? Wichtige Regeln rund ums Hitzefrei erklärt Rechtsanwalt Achim Doerfer.

Die Sahara-Peitsche schlägt zu

Sengende Hitze herrscht in Deutschland, Wetterforscher sprechen von tropischen Temperaturen.  Jeder Schritt, jede Bewegung und jeder Gedanke fällt schwer. Glück hat der Urlauber. Pech hat, wer trotz des heißen Wetters arbeiten muss. Denn, wenn die Temperaturen draußen steigen, kochen bei der Arbeit schonmal die Emotionen hoch. Schon weil jeder ein anderes Empfinden für Hitze oder ein anderes Bedürfnis nach Abkühlung hat. Kurz: Die Hitze macht uns zu schaffen. Die Arbeit wird zu Qual. Muss das eigentlich so sein?

Wenn es heiß wird, muss der Chef handeln

Bei jeder Hitzewelle dürften Erinnerungen an die Schulzeit wach werden: Stieg das Thermometer über die magische Grenze, gab es Hitzefrei – zweifelsfrei eines der schönste Worte der Schulzeit. Aber es gibt auch Regeln für Hitze am Arbeitsplatz. Im Detail geregelt ist das in einer Arbeitsstättenrichtlinie, die seit 2010 gilt. Darin heißt es, dass die Lufttemperatur in Arbeitsräumen nicht über 26 Grad liegen sollte – bis zu dieser Marke ist Arbeitnehmern eine Tätigkeit zuzumuten. Steigt die Temperatur darüber, muss der Arbeitgeber einschreiten und „zusätzliche Maßnahmen“ ergreifen.

Was der Arbeitgeber tun soll

Bei Temperaturen, die zwischen 26 und 30 Grad liegen, ist der Arbeitgeber angehalten, beispielsweise die Bekleidungsvorschriften zu lockern oder kostenlose Erfrischungsgetränke für die Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Klettern die Temperaturen am Arbeitsplatz weiter über 30 Grad, sind diese Maßnahmen verpflichtend. Vernachlässigt der Chef diese Pflichten, darf der Arbeitsplatz eigenmächtig verlassen werden. Allerdings nur, wenn die eigene Gesundheit durch die Hitze erheblich gefährdet ist. Beispielsweise bei einer bestehenden Schwangerschaft oder körperlich anstrengender Arbeit sind diese Voraussetzungen erfüllt. Ansonsten droht bei selbst erteiltem Feierabend Ärger vom Chef, sogar eine Abmahnung.

Hitzefrei bei Höllenglut

Sobald am Arbeitsplatz aber 35 Grad oder mehr gemessen werden und diese Temperaturen auch nicht durch Ventilatoren, Klimaanlagen oder ähnliches gemildert werden können, ist laut Gesetzgeber der Arbeitsplatz nicht mehr zumutbar. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz nach dem Arbeitsrecht so einrichten, dass für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer keine Gefahr besteht. Was man darunter genau verstehen darf, ist umstritten. Einige Arbeitgeber erlauben ihren Angestellten dann auch die Arbeit in Gleitzeit, so dass die heißesten Stunden des Tages nicht auf der Arbeitsstätte verbracht werden müssen. Gearbeitet werden muss aber dennoch.

Wenn der Vorgesetzte seinen Pflichten nicht nachkommt, liegt ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz vor. Das heißt, schlimmstenfalls werden Arbeitgeber, die ihre Angestellten bei Gluthitze bei der Arbeit schmoren lassen, mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro bestraft. Für kurzfristige Abkühlung sorgt aber auch die Strafe nicht. Ein ausdrückliches Hitzefrei kennt das deutsche Arbeitsrecht nämlich grundsätzlich nicht.

Wenn es heißer wird als 35 Grad, dann sollte der Arbeitgeber Luftduschen, Wasserschleier oder Hitzeschutzbekleidung anbieten.Achim Doerfer 

Redaktion: Carsten Jänicke


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