Ist das gerecht? | Mundschutz vor Gericht

Steht der Gesundheitsschutz über der Wahrheitsfindung?

In vielen Gerichten muss nun Mundschutz getragen werden. Das dient klar dem Gesundheitsschutz – könnte aber die Wahrheitsfindung beeinflussen. Wie löst man diesen Konflikt?

Sich vor Gericht das Gesicht zu verdecken, ist im Grunde nicht möglich. Hüte, Sonnenbrillen, Burkas, üppige Schals – all das muss abgelegt werden. Das hat zum einen mit Respekt vor dem Gericht zu tun, zum anderen aber, das ist noch wichtiger, mit der Wahrheitsfindung.

Mimik ist wichtig

Die Mimik eines Angeklagten oder einer Zeugin sagen viel darüber aus, was gesprochen wird. Ob eine Person lügt oder die Wahrheit sagt, lässt sich natürlich nicht mit einem Blick in die Augen sagen. Auch ein nervöses Zucken im Mundwinkel ist noch kein sicheres Indiz. Es ist aber wichtig, dass sich Richterinnen und Anwälte ein ganzheitliches Bild machen können.

Der Mundschutz macht die Kommunikation vollkommen kaputt. Dann haben wir das ganz große Problem, dass der Großteil der menschlichen Kommunikation nonverbal abläuft.

Achim Doerfer

Die Coronakrise stellt auch diesen allgemein geltenden Grundsatz – verdecke nicht dein Gesicht – in Frage. In vielen Gerichtssälen herrscht derzeit nämlich Mundschutz-Pflicht. Nachdem die Verfahren teils über mehre Wochen geruht haben, sollen sie nun, unter aller Vorsicht, wieder aufgenommen werden.

Mundschutz vor Gericht – geht das?

Aber was bedeutet das für eine Verhandlung oder gar Verurteilung, wenn der Richter oder die Richterin eben keinen vollständigen Eindruck bekommen kann, weil ein Nasen-Mund-Schutz die Hälfte des Gesichts verdeckt?

Mit dieser Frage beschäftigen sich detektor.fm-Redakteurin Rabea Schloz und Rechtsanwalt Achim Doerfer. Sie sprechen außerdem über schlafende Richter und die richterliche Unabhängigkeit.

Redaktion