„Gläserne Wand“: Wie Atheisten und Konfessionslose in Deutschland benachteiligt werden

Kein Gott, weniger Rechte?

Der Bericht „Gläserne Wände“ beschreibt auf 100 Seiten, wie Konfessionslose in Deutschland gegenüber Gläubigen und Kirchenmitgliedern benachteiligt werden: so zum Beispiel im Arbeitsmarkt im Bildungswesen. Die Verfasser nennen das sogar Diskriminierung. Wie groß ist das Problem wirklich?

Konfessionslos im Alltag

Rund 25 Millionen Menschen in Deutschland gehören keiner Konfession an. Viele von ihnen sind nicht einmal religiös. Dennoch werden Konfessionslose, die ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ausmachen, täglich diskriminiert – so der Bericht „Gläserne Wände“ des Humanistischen Verbands Deutschland.

Die Verfasser Arki Platzek und Michael Bauer haben sich nicht nur die allgemeine Anerkennung von konfessionsfreien Menschen angeschaut, sondern auch einen Blick auf deren Situation bei der Bundeswehr oder an Hochschulen geworfen.

Der Bericht soll ein Bewusstsein dafür bei den Menschen schaffen, wie vielfältig und umfassend diese Benachteiligungen sind, die viele im Alltag erstmal nur als kleine Sache erleben, aber wenn man sie umfassend betrachtet, einem ganz stark aufstößt.- Arik Platzek, einer der Autoren des Berichts

Deutlich wird diese Benachteiligung dem Bericht zufolge zum Beispiel, wenn man einen Blick auf die Rundfunk- und Programmbeiräte der öffentlich-rechtlichen Medien wirft. Sie bestehen im Allgemeinen aus Vertretern der Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft. Mitglieder verschiedener Glaubensrichtungen haben ein Anrecht auf einen Platz in den Gremien. Für Konfessionsfreie gilt das nicht. Sie hätten damit keine Möglichkeit, das Programm mitzugestalten, obwohl sie ebenfalls Rundfunkgebühren zahlen, kritisieren die Verfasser.

Kirchensteuer als „Ursprung vielen Übels“

Seit 1935 wird die Konfession auf der Lohnsteuerkarte eingetragen. Dieser Eintrag hat mit dem Kirchensteuereinzug zu tun. Demnach muss jeder Kirchensteuer zahlen, der einer Kirche oder Glaubensrichtung angehört, die kirchensteuerpflichtig ist. Dieser Betrag ist nicht unerheblich. Im Jahr 2014 waren das rund 11 Milliarden Euro.

Für die Autoren des Berichts ist es zunächst kein Problem, dass kirchlichen Insitutionen durch die Steuer Geld vom Staat bekommen. Doch seien die Konsequenzen daraus problematisch:

Es geht gar nicht darum, dass wir den Kirchen die Möglichkeit nehmen wollen, von ihren Kirchenangehörigen Beiträge zu erheben, so wie das viele andere Vereine machen, um dann daraus auch humanitäre, karitative Arbeit zu finanzieren. Uns geht es darum, dass die Kirchensteuer unter anderem eine Wurzel für die Benachteiligung durch das kirchliche Arbeitsrecht bildet. – Arik Platzek

Gibt es Konsequenzen aus dem Bericht?

Die Autoren beziehen sich in ihrem Bericht nicht nur auf Misstände, sie benennen auch konkrete Verbesserungsvorschläge. Sie erhoffen sich, dass nicht-religiöse Menschen in der Gesellschaft dieselbe Anerkennung bekommen, wie Menschen mit einer Konfession. Ein wichtiger Schritt dafür wäre ein Zugeständnis von staatlicher Seite, meint Arik Platzek im Interview mit detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser.

Es wäre völlig falsch, wenn wir uns diese kirchlichen Maßstäbe überstülpen lassen würden. Wir müssen erst mal verstehen, dass es ganz viele Bereiche gibt, in denen Benachteiligungen vorhanden sind und als zweites dann uns auch trauen, diese anzusprechen. Da soll der Bericht jetzt erst mal eine Hilfestellung bieten.Arik Platzek 


Redaktion: Carina Fron

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