Sie sind überall. Menschen in Gummistiefeln, mit Sprühkanistern, wie man sie aus der Schädlingsbekämpfung im Garten kennt. Und sie sprühen. Sie sprühen eine Chlorlösung: auf Gehwege, Türklinken, Hände, Gummistiefeln. Immer. Überall.
Wenn Ebola kommt, dann verschiebt sich alles. Der Alltag wird von Bildern bestimmt, die Angst machen. Menschen in Ganzkörper-Schutzanzügen. Hubschrauber. Fremde, die bedrohlich wirkende Epidemie-Zentren aufbauen. Und mittendrin aber auch: die einheimischen Helfer, die unaufhörlich versuchen, Aufklärung und Hilfe zu leisten.
„Schlimmer als Krieg“
Ebola, das weiß man inzwischen, ist nicht so leicht übertragbar, wie befürchtet. An seiner Tödlichkeit ändert das wenig. Wenn Ebola in ein Dorf oder eine Stadt kommt, gewinnt oft das Virus.
Auf den Friedhöfen tauchen sie dann auf: diese grausig wirkenden Gruppen in Schutzanzügen, mit Gummistiefeln, die so schnell wie möglich einen Verstorbenen in einem vorbereiteten Grab ablegen. Selten sind Angehörige dabei, denn die Leichen sind extrem infektiös. Und unmittelbar dahinter: die Sprüher, die jeden Fleck desinfizieren, an dem die grausige Prozession entlang ging.
Die internationale Gemeinschaft half. Die Bundeswehr, die amerikanische Armee, das rote Kreuz, Ärzte ohne Grenzen – sie alle schickten Hilfe. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Man könnte sogar sagen: es ist nur ein sehr kleiner, verzerrter Ausschnitt der Wahrheit.
Was nicht berichtet wird
Warum den deutschen Soldaten vor Ort die Hände gebunden waren? Warum die amerikanischen Piloten, die vorher in viel gefährlicheren Gegenden flogen, sich hier weigerten, zu fliegen? Warum die Medien, die unsere Nachrichten machten und machen, eben nicht nah dran waren – und nicht zeigten, wie die Hilfe vor Ort wirklich funktioniert? Warum sich die Menschen in den Dörfer und Städten oft nicht in die Behandlungszentren trauen? Warum eine einfache Wunde oder Infektion in Zeiten von Ebola noch viel gefährlicher sein kann? Warum die Flugzeuge, die Menschen außer Landes bringen, ausgebucht sind, aber trotzdem fast leer fliegen?
Antworten auf diese Fragen lesen und hören wir hier nicht. Carl Gierstorfer hat sie. Denn er war dort. Der Dokumentarfilmer ist auf eigene Faust nach Liberia geflogen. Wenn man so will: ins Epizentrum der Epidemie in Westafrika. Was er dort sah und aufnahm, wird nun ein Film: Worse Than War („Schlimmer als Krieg“) heißt der, und er erzählt den Ebola-Ausbruch aus den Augen derer, die ihn erlebten: der Helfer und der Überlebenden.
Der Berliner Podcaster Nicolas Semak hat Carl Gierstorfer interviewt. Im Gespräch berichtet Carl von all dem, was uns hier nicht erreicht. Wir senden das einstündige Gespräch heute.