Medien in Ungarn

Gibt es in Ungarn noch eine „vierte Gewalt“?

Die ungarische Politik ist im Rest Europas höchst umstritten. Insbesondere seit dem Mediengesetz 2010 und der Verfassungsänderung 2012 sind die autoritären Züge des Landes immer deutlicher geworden. Doch wie verhalten sich die Medien in dieser Situation? Ein Gespräch mit einem der profiliertesten ungarischen Journalisten.

detektor.fm sammelt für eine neue Vormittagssendung


Ungarn, allen voran Regierungschef Orbán, hat in den vergangenen Wochen vor allem wegen seiner umstrittenen Flüchtlingspolitik in der Kritik gestanden. Doch auch sonst hat sich Ungarn in den letzten Jahren innerhalb Europas mehr und mehr zum Außenseiter gewandelt.

Pressezensur durch Mediengesetz

Ein Hauptgrund für diese Außenseiterrolle ist das bis heute umstrittene Mediengesetz von 2010. Das Gesetz hat die parlamentarische Kontrolle von privaten Fernseh- und Rundfunkanstalten sowie Zeitungen und Internetportalen festgelegt.

Als Protest auf diese Pressezensur waren mehrere ungarische Tageszeitungen mit weißen Titelseiten erschienen. Wirklichen Einfluss konnten die Medien dadurch auf die Zensur allerdings nicht mehr nehmen.

Das größte Problem ist, dass die ungarischen Medien weder politisch noch wirtschaftlich unabhängig sind. – Karoly Vörös, ungarischer Journalist

Starke Kritik von Seiten Europas

Auch die Europäische Union hat damals vehement protestiert, schließlich hat das Mediengesetz eindeutig gegen den EU-Vertrag und die in diesem festgelegten europäischen Werte verstoßen.

Dennoch hat es ganze zwei Jahre gedauert, bis die Kritik auch in Ungarn angekommen ist: 2012 entschärfte die ungarische Regierung das Mediengesetz, wenn auch nur ein wenig.

Verfassungsänderung 2012

Nur ein Jahr, nachdem das Mediengesetz zunächst in Kraft getreten war, hat die Regierung Orbáns Europa erneut erzürnt und zwar mit der Einführung einer anderen Gesetzesänderung.

Durch das neue Gesetz wurden unter anderem die Rechte des Verfassungsgerichts eingeschränkt und Bürgerrechte beschnitten. Weitere, damals stark kritisierte Änderungen waren beispielsweise die Illegalisierung von Obdachlosen und das Verbot von Wahlwerbung in privaten Medien.

Sowohl von der Opposition im Inland als auch von der Europäischen Union erntete Ungarn Kritik für die Verfassungsänderung. Organisationen wie Human Rights Watch oder Amnesty International sahen bereits damals in dem Gesetz klare Verstoße gegen Menschenrechte.

Diese Vorwürfe halten bis heute an. Kritik aus dem Inland hört man hingegen nur recht selten.

Auch im Inland gibt es viele, die die Regierung kritisieren, aber ihre Stimme ist sehr leise, weil die Opposition im Moment sehr schwach ist. – Karoly Vörös

Über die politische Situation in Ungarn und wie die Medien trotz Zensur auf diese reagieren können, hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit dem Journalisten Karoly Vörös gesprochen.

In Ungarn gibt es ganz wenig Tradition, etwas zusammen zu lösen.Károly Vörös 

Redaktion: Mirjam Ratmann / Richard Hees