Nach der Kohle | Folge 11

Elefant im Raum

2024 sind Landtagswahlen in Sachsen. Laut Prognosen könnte die AfD stärkste Kraft werden. Was bedeutet das für den Kohleausstieg?

Auf der Straße gegen Rechts

In Stadtkern von Delitzsch stehen an einem kalten Märzabend 150 Menschen mit Lichtern und Laternen. Sie sind gekommen, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. Wer will, kann spontan einen kurzen Redebeitrag leisten. Ausschlaggebend für viele hier waren die Recherchen von Correctiv zu einem Treffen von Rechtsextremisten, AfD-Mitgliedern und Neonazis in Potsdam, bei dem Pläne zur Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland diskutiert worden sein sollen. Der verharmlosende Begriff, den die Neue Rechte dafür benutzt, heißt „Remigration“.

Wer in Delitzsch gegen die AfD auf die Straße geht, der stellt sich damit auch gegen ein Drittel der Wählerschaft in diesem Wahlkreis. Bei den letzten Landtagswahlen in Sachsen 2019 hat der AfD-Direktkandidat hier 28,8 % der Stimmen geholt.

Damit ist Delitzsch kein Einzelfall im Mitteldeutschen Revier. Die AfD darf bei den sächsischen Landtagswahlen 2024 auf ein hohes Ergebnis im ländlichen Raum des Kohlereviers hoffen — trotz Correctiv-Recherchen und einem gesichert rechtsextremistischen Landesverband. Was hat dieser Erfolg mit dem Kohleausstieg zu tun? Welche Angebote macht die Partei mit Blick auf den Strukturwandel? Wählen die Leute hier die AfD trotz der Veränderungen, die im Revier gerade passieren? Oder genau deshalb? Und, sollte die Partei tatsächlich noch stärker werden, wie viel kann sie dann gegen den bestehenden Kurs ausrichten?

Mit Falschinformationen gegen den Kohleausstieg

Die AfD verfolgt auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene eine Programmatik, die Klimafakten leugnet. Erneuerbare Energien sind laut der AfD Sachsen eine „Sackgasse“, die Kernenergie dagegen sei „günstig, sicher und umweltverträglich“. Dabei waren die Gründe für den Atomausstieg vorwiegend sicherheitspolitische. Der Kohleausstieg dagegen hat vor allem klimapolitische Gründe. Aber auch die hält die AfD für ungerechtfertigt. Sie behauptet sogar, dass Kohleverstromung mithilfe moderner Technologien emissionsfrei möglich sei. Das größte Problem an der Kohle — den hohen CO₂-Ausstoß, der mit ihr verbunden ist — hält die AfD für unschädlich. Im Grundsatzprogramm der Partei heißt es: „Kohlendioxid (CO₂) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens.“ Nadine Lindner berichtet für den Deutschlandfunk über die Transformationsprozesse in Ostdeutschland und das Erstarken der AfD. Sie sagt, die Partei stehe vor allem für die Forderung nach einem Ausstieg aus dem Kohleausstieg.

Beim Strukturwandel, bei der Braunkohle lautet die Message: Nichts muss sich verändern, und das, was sich verändert, das ist quasi ein böser politischer Wille. Das sind vereinfachende Botschaften, mit denen die AfD in Teilen auch große Erfolge feiert.

Nadine Lindner, Deutschlandfunk

Foto: privat

In Folge 11 von „Nach der Kohle“ spricht detektor.fm-Redakteurin Joana Voss mit Deutschlandfunk-Korrespondentin Nadine Lindner und dem bergbaupolitischen Sprecher der AfD Sachsen Roberto Kuhnert.

„Nach der Kohle“ ist eine zwölfteilige Reportage-Serie vom Podcast-Radio detektor.fm. Neue Folgen erscheinen immer samstags. Der Podcast wird gefördert von der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Alle Folgen gibt es hier bei detektor.fm und unter anderem bei Amazon Music, Apple Podcasts, RTL+ und Spotify.

Moderation