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Bild: Patrik Stollarz | AFP

„Problemviertel“ Marxloh

Duisburgs Banlieue?

Duisburg-Marxloh hat in dieser Woche hohen Besuch gehabt. Kanzlerin Merkel ist zum Bürgerdialog in den Stadtteil gekommen. Marxloh ist als „Problemviertel“ über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, doch den Stadtteil macht noch viel mehr aus, sagen die Menschen vor Ort.

Marxloh: Aufstieg als Industriestandort

Marxloh ist einst ein florierender Stadtteil von Hamborn. Die beiden Städte Duisburg und Hamborn werden erst sehr spät, im Jahr 1929, zusammengelegt. Mitte des 19. Jahrhunderts hat man im Westen Deutschlands Kohle unter der Erde gefunden und das Ruhrgebiet begann schnell zu wachsen. Schnell übernahmen die Thyssen-Brüder die Vormacht im Revier und schon 1895 gab es ein Stahlwerk, eine Zeche und einen Hochofen. Marxloh ist schnell gewachsen, die zentrale Pollmann-Kreuzung ist Anfang des 20. Jahrhunderts eine der meist befahrendsten Kreuzungen in Deutschland.

Zwischen 1914 und 1945 stagniert dann die Produktion zeitweilig. Die Arbeiter werden vom Militär eingezogen, manche Hochöfen werden von Bomben zerstört, es fehlt an Rohstoffen. Die 1950er und 1960er Jahren sind für die Stahlindustrie und den Bergbau dank des Wirtschaftswunders die goldenen Zeit. In dieser Zeit kommen auch die Gastarbeiter. Marxloh ist ein beliebter Stadtteil von Duisburg. Die Menschen verdienen gutes Geld; der Handel blüht.

Der Abstieg

Ende der 1960er Jahre beginnt bei Thyssen die Rationalisierung. Das heißt weniger Produktion und weniger Arbeit. Die Stahlkrise gegen Ende der 1970er Jahre trägt weiter zum allmählichen Abstieg bei. Nach und nach ziehen viele Menschen weiter in den Duisburger Süden. Mit dem bei Thyssen verdienten Geld kann man sich nun am sauberen Stadtrand ein schönes Zuhause leisten. In Marxloh aber lässt sich die Wäsche immer noch nicht draußen trocknen, weil der Ruß der Hochöfen wie ein feiner Film alles bedeckt. Die Arbeitslosigkeit nimmt rasant zu, die Läden verschwinden, die Mieten bleiben günstig. Der Strukturwandel macht aus Marxloh eine strukturschwache Gegend. Mittlerweile liegt die Arbeistlosenquote bei 16 Prozent.

Es ist nicht nur schlecht

Trotz der sicherlich schwierigen Situation in Marxloh, ist das Bild, das vor allem in den letzten Tagen von den Medien gezeichnet worden ist, nicht vollständig, sagen die Leute vor Ort. Neben Gewalt, Kriminalität und Unzufriedenheit, gibt es auch die gute, die schöne Seite von Marxloh.

Wenn Marxloh zu hart ist, dann sind die Leute zu weich. – Halil Özet, Mitgründer des Medien-Bunkers Marxloh

Die über deutsche Grenzen bekannte und beliebte ‚Brautmodenmeile‘ ist die Prachtstraße des Stadtteils. Auf der einstigen Einkaufsstraße reihen sich dutzende Brautmodengeschäfte aneinander. Heiratswillige Paare aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich kaufen hier ihre Kleider und Anzüge. Eine andere Erfolgsgeschichte ist der Bau der Merkez-Moschee. Sie ist die zweitgrößte Moschee Deutschlands. Der Bau ist 2008 fertiggestellt worden. Vor und während der dreijährigen Bauphase hat es kaum Proteste und Widerstände gegeben. Die Moschee ist nicht nur Gotteshaus, sondern auch Begegnungsstätte, die von vielen Bürgern Marxlohs gut angenommen wird.

Über Duisburg-Marxloh, die Probleme im Stadtteil aber auch seine Vorzüge hat detektor.fm-Moderatorin Astrid Wulf mit Halil Özet gesprochen. Er ist Mitgründer des interkulturellen Kollektivs Medien-Bunker in Marxloh.

Halil Özet - setzt sich für ein positives Bild von Marxloh ein.

setzt sich für ein positives Bild von Marxloh ein.
Mich nervt, dass die Medienberichterstattung der letzten Tage unseren Stadtteil so negativ dargestellt hat. Denn das ist Schwarzmalerei.Halil Özet
Leben in Marxloh-Gespräch mit Halil Özet 06:41

Redaktion: Maren Schubart

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