Queerness bei Ernie und Bert

Warum niemand Recht haben kann

Seit Jahren wird debattiert, ob Ernie und Bert „nur“ beste Freunde oder doch das Traumpaar der Sesamstraße sind. Warum nicht einfach beides?

Eine alte Debatte

Ernie und Bert sind Urgesteine der Sesamstraße. Seit fast 50 Jahren wohnen die zwei nun schon zusammen und kabbeln sich über den Wert ihrer Porzellantassen oder die richtige Regenkleidung. Für viele treue Fans besteht kein Zweifel, dass es sich bei den beiden um ein Paar handeln muss.

Zuspruch hat diese Theorie zuletzt von Mark Saltzman, einem der Autoren der Serie erhalten. In einem Interview bestätigt er, die beiden als schwules Paar geschrieben zu haben. Dem entgegen steht das offizielle Statement der Sesamstraße. Demnach sind Ernie und Bert beste Freunde, die Kindern den Umgang mit persönlichen Differenzen beibringen sollen.

Please see our most recent statement regarding Bert and Ernie below. pic.twitter.com/gWTF2k1y83

— Sesame Workshop (@SesameWorkshop) 18. September 2018

Queerness in der Entertainmentindustrie

Damit hält die Produktionsfirma an ihrem früheren Statement fest, dass die Figuren keine sexuelle Orientierung haben. Medienwissenschaftlerin Carolin Rolf hält das für eine Verkaufsstrategie. Es gehe darum, für ein möglichst breites Publikum attraktiv zu bleiben.

Ich muss sagen, dass ist auch ein Weg sich einer Debatte zu entziehen. Indem man einfach sagt, es ist nicht da. Im Prinzip verkaufen die auch eine Fantasie und dann muss man dem Publikum auch seine eigene Fantasie zutrauen. – Carolin Rolf, Medienwissenschaftlerin

Alle haben Recht

Die endgültige Frage, ob Ernie und Bert nun schwul sind, können weder das Studio, noch der Autor oder die Fans definitiv beantworten. Schlussendlich, so Rolf, haben alle Perspektiven ihre Daseinsberechtigung.

Es gibt viele Lesarten, die sagen, die sind heterosexuell, weil die in verschiedenen Betten schlafen. Und andere sagen, die sind homosexuell. Diese Lesarten nebeneinander gestellt, sind genauso valide. – Carolin Rolf

Die schwierige Frage nach der Deutungshoheit über fiktive Figuren hat detektor.fm-Moderatorin Eva Morlang mit Medienwissenschaftlerin Carolin Rolf besprochen.

Marketingkampagnen spielen natürlich eine ganz große Rolle. Wenn ich ein generalisiertes Produkt verkaufen möchte und Angst habe, wenn ich ein Nischenpublikum, wie die queere Community damit anspreche, dass ich es dann nicht mehr an ein großes, breitgefächertes Publikum verkaufen kann.Carolin Rolf 

Redaktion: Valérie Eiseler