Stadtgespräch | Erfurt bewirbt sich für UNESCO-Weltkulturerbe

Das jüdische Vermächtnis einer Stadt

Die Stadt Erfurt bewirbt sich um den UNESCO-Titel. Es geht um ihr mittelalterliches jüdisches Bauerbe. Erfurt hatte dabei auch auf eine Partnerschaft mit den Städten Mainz, Speyer und Worms gehofft. Ob daraus noch etwas wird, steht zurzeit aber in den Sternen.

Wer an Erfurt denkt, dem gehen eher Dinge durch den Kopf wie die mächtige Zitadelle der Stadt, der Dom oder die Krämerbrücke. Doch die thüringische Landeshauptstadt kann auch ein reichhaltiges jüdisches Bauerbe vorweisen. Mit diesem hofft die Stadt den Titel UNESCO-Weltkulturerbe erhalten zu können. Jedoch haben sich auch die sogenannten SchUM-Städte Mainz, Speyer und Worms mit ähnlichen Konzepten beworben. In Erfurt hatte man auf eine Partnerschaft gehofft. Leider stieß die Idee bisher auf Ablehnung.

Ein jüdisches Vermächtnis

Die jüdischen Kulturgüter der Stadt stammen vorwiegend aus dem Mittelalter. Zu DDR-Zeiten war die jüdische Vergangenheit der thüringischen Landeshauptstadt zwar bekannt, aber noch nicht erschlossen. Daher begann direkt nach der Wende die Aufarbeitung dieser Stadtgeschichte.

Zu den jüdischen Sehenswürdigkeiten Erfurts zählt seither die Synagoge. Sie ist die älteste vollständig erhaltene Synagoge nördlich der Alpen. Nach der Wende wurde auch eine Mikwe freigelegt, ein jüdisches Bad. Sie diente der rituellen Reinigung nach besonderen Lebensereignissen wie zum Beispiel einer Geburt. Die Erfurter Mikwe gilt als einzigartig. Auch das Steinerne Haus ist Teil der Bewerbung.

Neben dem baulichen Erbe lassen sich auch noch andere Zeugnisse finden. Eines der bedeutendsten Objekte im Erfurter Schatz ist zum Beispiel ein jüdischer Hochzeitsring. Schlussendlich erzählen auch viele erhaltene Schriften aus dem Mittelalter über das jüdische Vermächtnis.

Keine gemeinsame Bewerbung?

Weil sich die Konzepte der vier Städte Mainz, Speyer, Worms und Erfurt so ähnlich sind, kam der Vorschlag aus Thüringen, sich gemeinsam zu bewerben. Damit wollte man der Gefahr entgehen, dass die Bundesrepublik, oder die UNESCO, nicht bereit sein sollten, sich mit nahezu identischen Anträgen einzeln auseinanderzusetzen.

Wir denken, dass es besser ist, das im Vorfeld partnerschaftlich zu lösen. Als darauf zu warten, dass dann andere uns nochmal dazu zwingen, Kooperationen zu prüfen. – Tobias Knoblich, Kulturdirektor von Erfurt

Trotz bisheriger Absagen hat man die Idee in Erfurt noch nicht aufgegeben. Zunächst präsentierte sich die Stadt mit Blick auf die Bewerbung mit einer Ausstellung in Berlin.

Über den langen Prozess der Bewerbung für den UNESCO-Titel hat detektor.fm-Moderatorin Marie Landes mit dem Erfurter Kulturdirektor Tobias Knoblich gesprochen.

Die UNESCO legt sehr viel Wert darauf, dass man nicht nur tolle Bauzeugnisse vorweist. Sondern dass man eben auch die Bevölkerung mitnimmt, Bildungsarbeit leistet und Werte transportiert.Dr. Tobias Knoblich 

Redaktion: Alexander Goll


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