Stadtgespräch | Griechische Intervention bei „Datterich“-Aufführung

Intervention mit schlingensiefscher Haltung?

Vom „Datterich“ erzählen die Darmstädter gern. Der versoffene und verschuldete Finanzbeamte hat es dort zu einem eigenen Theaterfestival gebracht. Dieses Jahr sind zwei widersprüchliche Inszenierungen dabei gewesen und prompt ist es zu einem kleinen Eklat gekommen.

Die Berichterstattung des Springerverlags („Bild“, „Die Welt“) über Griechenland ist kontrovers, die griechischen Schuldner kommen dabei selten gut weg. Die Darmstädter hingegen können sich mit einem Schuldner sehr gut identifizieren: Der „Datterich“ ist dort eine beliebte Erzählung. Beim diesjährigen Datterich-Festival ist es dank widersprüchlicher Inszenierungen zum Thema Schulden zum Eklat gekommen.

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Die Handlung des Stücks ist schnell erzählt: Der versoffene Finanzbeamte Datterich wird gefeuert und schlägt anschließend seinen Gläubigern ein Schnippchen. Wohl auch wegen des schlitzohrigen Schuldenmanagements, hat ihn das hoch verschuldete Darmstadt zur Kult-Figur erkoren. So gibt es einen Datterich-Brunnen, eine nach ihm benannte Straßenbahn und seit diesem Jahr das „Datterich-Festival„.

Eklat beim Festival

Das Stück bietet dabei einigen Interpretationsspielraum und dementsprechend vielfältig sind die Inszenierungen beim diesjährigen Festival gewesen. Eine Theatergruppe hat den Datterich als Stück über die Schuldenproblematik interpretiert und mit David Graebers Theorien verknüpft. Die Gruppe führte „Schulden. Eine Befreiung!“ am Bahnhof auf. Eine weitere Theatergruppe hat eine klassische Interpretation gewählt. Die „Laiendarsteller“ um Focus-Chef Helmut Markwort und Springer-Vorstand Matthias Döpfner inszenierten den Datterich als Gala-Vorstellung im Staatstheater.  Zum Unmut der anderen Theatergruppe, wie dieses Video zeigt.

Rückwärtsgewandter Kostümschinken?

Mit der Aktion haben die Beteiligten auf die umstrittene Griechenland-Berichterstattung des Springer-Verlags aufmerksam machen wollen. Über die Intervention hat detektor.fm-Moderator Christian Bollert mit Margarita Tsomou gesprochen. Die Autorin und Performerin ist unter anderem Herausgeberin des Missy-Magazines und hat bei der Aufführung von „Schulden. Eine Befreiung!“ mitgewirkt.

Diejenigen, die für die Gläubiger stehen und diejenigen die eigentlich das Ganze im Moment provokanter machen und die [Griechenland-Debatte] extrem mitführen, die haben nicht das Recht, so einen Stoff als rückwärtsgewandten Kostümschinken zu spielen.Margarita Tsomou 

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Redaktion: Christoph Höland