ZEIT Campus | Incels: Hass auf attraktive Menschen

Radikale Einsamkeit

Männer, die unfreiwillig enthaltsam leben, rotten sich in Internetforen zusammen. Sie nennen sich „Incels“ und betrachten Sex und Liebe als knallharten Wettkampf. Ein Wettkampf, den sie nur verlieren können. Der Frust der „Incels“ hat in der Vergangenheit sogar zu Gewalttaten geführt.

 Ein Mix aus Hetze, Gewalt und Selbsthass

Einen Korb hat vermutlich jeder schon einmal bekommen. Die Ablehnung kann zwar wehtun, meistens kommt man aber drüber hinweg. Manche erliegen jedoch dem Frust, geben das Spiel der Liebe völlig auf und suchen sich Leidensgenossen im Internet. Sie nennen sich „Involuntary Celebatory“ – kurz „Incels“ – da sie unfreiwillig enthaltsam leben.

Austausch der „Incels“ im Netz

Bis zu 50.000 „Incels“ finden sich in einem Redditforum zusammen. Dort entwickeln sie Theorien und Erklärungen für ihren sexuellen Misserfolg. Sexualität und Liebe sind laut den „Incels“ zu einem Wettkampf verkommen. Dies führt zu einem Konkurrenzkampf, der Verlierer produziert.

Ein „Incel“ würde jetzt sagen, Frauen sollten sich nicht frei entscheiden können, wer ihr Partner ist, weil dann so viele Männer übrigbleiben, die keine Partnerin bekommen und die Top-Männer teilen sich alle Frauen. Das wäre jetzt so eine Inceltheorie. – Tanya Falenczyk, ZEIT Campus-Autorin

Hass gegen Attraktive

Die Grundlage der Inceltheorie ist die Einteilung aller Menschen auf einer Skala von Eins bis Zehn. Attraktivität und sexuelle Vorerfahrungen sind die Faktoren. Das Ergebnis beschreibt, wie hoch die Chancen auf Sex für die Person sind. Gegen attraktive Menschen, die viel Sex haben, richtet sich der Hass der „Incel“- Community. Die Hetze eskaliert so weit, dass einzelne „Incels“ Amok laufen. Im Mai 2014 tötete der 22-jährige Elliot Rodger in Kalifornien sechs Menschen.

ZEIT Campus-Autorin Tanya Falenczyk hat das Phänomen in ihrem Artikel „Die Ungeliebten“ untersucht und mit detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop über ihre Arbeit gesprochen.

Wenn wir generell mehr darüber reden würden, was schief läuft und nicht nur was gut läuft, dann wäre es auch nicht mehr so schlimm und man würde sich nicht mehr als totaler Verlierer fühlen, wenn es im Liebesleben nicht so läuft.Tanya Falenczyk 

Jonas Junack


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