Zurück zum Thema | Lockerungen für Geimpfte

Israel als Vorbild?

Wer gegen das Coronavirus geimpft ist, soll bald mehr dürfen als Ungeimpfte. Deutschland diskutiert seit Monaten, ob das gerecht ist oder unsolidarisch. Es ist von Impfneid, (un)fairen Reihenfolgen und Generationenkonflikt die Rede – während geimpfte Israelis schon seit Monaten mit Lockerungen leben.

Nach einem Entwurf des Bundesjustizministeriums soll es schon bald Lockerungen für vollständig Geimpfte geben. Die dürfen dann zum Beispiel mehr Menschen treffen und können ohne Test zum Friseur oder zum Einkaufen gehen.

Israel ist Vorreiter bei Impfquote und Lockerungen

8,6 Prozent der Deutschen sind vollständig geimpft, in Israel sind es jetzt schon fast 60 Prozent. Seit Februar dürfen Israelis, die einen „Grünen Pass“ als Impfnachweis haben, wieder in Bars, Schwimmbäder oder ins Theater gehen. Impfungen für medizinisches Fachpersonal sind dort Pflicht.

Es gibt in Israel eine höhere Bereitschaft zum Risiko, einen ausgeprägten Pragmatismus bei den Entscheidungen, weniger Bürokratie und mehr Stringenz.

Steffi Hentschke, freie Journalistin in Tel Aviv

Foto: Patricia Kühfuss

Immunität und Mutation

Es besteht theoretisch die Möglichkeit, dass Geimpfte andere mit dem Virus infizieren, aber Daten aus den USA, Großbritannien und Israel zeigen, dass das eher selten passiert. Auch Genesene sollen es bald leichter haben. Denn nach einer Infektion hält ihre Immunität eine Weile an. Wie lange, das hängt von der Schwere der Infektion ab. Gab es einen heftigen Verlauf, bleibt die Immunität der Patientinnen und Patienten nach der Genesung verhältnismäßig stabil. Nach einer Infektion mit leichten oder gar keinen Symptomen fällt die Immunität nach sechs Monaten wieder ab.

Weder die natürliche Immunität noch die Impfung schützt einen zu hundert Prozent. Die Frage ist dann: Ist das Restrisiko so hoch, dass es weitere Einschränkungen rechtfertigt?

Ulrike Protzer, Virologin am Helmholtz Zentrum München

Foto: Technische Universität München

Im Gespräch mit detektor.fm-Moderator Jonas Grethel erzählt die freie Journalistin Steffi Hentschke, wie sie die Lockerungen in Israel erlebt und warum dort viel weniger darüber diskutiert wurde. Außerdem erklärt die Virologin Ulrike Protzer vom Helmholtz Zentrum in München die medizinische Perspektive auf Israels Strategie.