Ingeborg-Bachmann-Preis 2015

Sommer-Getwitter

Am Wochenende wurde der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen. Wir blicken auf die Tage der deutschsprachigen Literatur, oder besser gesagt #tddl, aus einem speziellen Blickwinkel zurück.

Der Ingeborg-Bachmann-Preis

Jedes Jahr im Frühsommer versammeln sich in Klagenfurt, der Geburtsstadt Ingeborg Bachmanns, junge Autorinnen und Autoren, um die Tage der deutschsprachigen Literatur zu feiern. Der Wettbewerb folgt dabei einem strengen Muster: In einer dreitägigen Lese-Veranstaltung lesen die Autoren ihre Texte selbst und müssen dann der öffentlichen Diskussion der Jury lauschen – DSDS für Hochkultur – und das schon seit 1977. Am vergangenen Wochenende gewann Nora Gomringer den mit 25.000 Euro dotierten Hauptpreis.

Sehr nette Veranstaltung

Der Reiz des Bachmann-Preises besteht neben den Texten der Eingeladenen in der permanenten Möglichkeit, dass etwas Unvorhergesehenes passiert. Doch oftmals passiert beim Wettbewerb erstmal wenig bis hinzu nichts. Auf die jeweilige Lesung folgt die Bewertung der Jury, die sich anders als das Publikum schon wochenlang auf die Texte vorbreitet hat und die Argumente lange kalkuliert hat. Was dabei fehlt, ist nicht nur etwas Temperament beim Vortrag der Bewertung, sondern auch Spontaneität und echter Schlagabtausch. Besonders in Fragen der Kunst hat Streit und Konflikt immer auch eine erkenntnisfördernde Funktion. Streit auf Aufgenhöhe war in Klagenfurt aber meist Mangelware. Es war eher sehr nett in Klagenfurt. Vielleicht gar ein wenig zu nett?

Twitter würzt den Wettbewerb

Es geht in Klagenfurt längst nicht mehr nur allein um die Reaktion der Jury auf die ihnen dargebotenen Texte. Auch stehen nicht die Menschen im Publikum im Vordergrund. Vielmehr gibt es neuerdings eine Jury der Jury. Sie besteht aus all denen, die der Live-Übertragung vor dem Fernsehen beiwohnen und fleißg twittern. Und wie es oftmals der Fall ist, sind deren Kommentare, Schnell-Urteile und Pointen sehr viel unterhaltsamer und vor allem spontaner als die Äußerungen der Bachmann-Jury. Nach den Forderungen, den umstritten Lesewettbewerb abzuschaffen, bringt grade Twitter neue Würze in das Ereignis.


Aus diesem Anlass hat detektor.fm-Moderator Andreas Bischof mit Hans Hütt gesprochen. Er ist seit über 40 Jahren auf dem ein oder anderen Weg im Literaturgeschäft tätig, unter anderem als Kritiker, Autor, Lektor, Redakteur, Blogger und Twitterer.

Twitter-Walls sind das Werk des Teufels. Sie sind in der Tat interessante Werkzeuge, wenn man sie kuratiert, man kann es sortieren und man kann die Störgeräusche sichtbar machen.Hans Hütt