Monopol-Podcast | Anselm Kiefer

Eine Welt aus Asche, Blei und getrockneten Blumen

Mit Asche, Blei und getrockneten Blumen spürt der Künstler Anselm Kiefer seit mehr als 50 Jahren der deutschen Geschichte nach. Wim Wenders hat einen Film über sein zum Teil kontrovers diskutiertes Werk gemacht.

Eine erdige Farbpalette

Irgendwann soll ein Museum ihn aufgefordert haben, die echten Sonnenblumenkerne auf seinem Gemälde durch unechte zu ersetzen, sie würden sonst mit den Mäusen nicht mehr klarkommen. Der deutsche Künstler Anselm Kiefer setzt vor allem natürliche Materialien in seinen Werken ein — getrocknete Pflanzen, Asche, Blei. Letzteres ist eines seiner zentralen Elemente, von dem er mal sagte, es sei ein Stoff für Ideen. Kiefer arbeitet auf großen Formaten. In seinen Atelierräumen im südfranzösischen Barjac — einer ehemaligen Seidenfabrik — hängen seine Gemälde von den Decken. Auf den 35 Hektar Land finden sich Skulpturen wieder, die von der Größe her kleineren Flugzeugen Konkurrenz machen. „In der Vergangenheit wurde Kiefer dafür auch immer mal wieder kritisiert, dass er so überwältigende Formate hat“, erzählt Silke Hohmann vom Monopol-Magazin im Podcast, „aber gleichzeitig ist es natürlich visuell total ergiebig — und nicht nur im Film, sondern zuallererst natürlich auch beim Betrachten ist diese Größe irgendwie schon relevant.“

Gerade in der Rezeption in Deutschland wird ihm vorgeworfen, dass er so überwältigend ist. Aber das Aberwitzige ist, dass die Dimension gar nicht das Entscheidende ist, sondern, dass die Darstellung von dem, was er zeigt, auch auf einem kleinen Blatt überwältigend sein könnte.

Wim Wenders, Regisseur

Foto: Gerhard Kassner

In seinen Werken setzt sich Anselm Kiefer vor allem mit der deutschen Geschichte und Kultur auseinander. Sein Umgang mit ihr hat nicht immer allen gefallen. Ein Vorwurf: Anselm Kiefer würde die deutsche Geschichte verklären

Es gibt eine Gleichzeitigkeit von Paul Celan, Wagner, Zweiter Weltkrieg und Antike. Das alles existiert ziemlich parallel in Form von Motiven, Zitaten, von Schrift und auch in einer sehr erdigen Anmutung.

Silke Hohmann, Monopol-Redakteurin

Foto: Wolfgang Stahr

Gespeicherte Zeit

Zeit und Geschichte spielen eine zentrale Rolle in Kiefers Werk. Wim Wenders setzt sich in seinem Film auf unterschiedliche Weise damit auseinander und geht mit der Kamera nah an die Werke heran, um ihre Materialität zu zeigen. Gleichzeitig öffnet er den Raum für eine Gesamtwirkung.

Kiefer ist im Luftschutzkeller zur Welt gekommen, also wirklich unter der Erde. Und er hat diese tiefen Bohrungen letzten Endes auch in sein Werk übertragen.

Silke Hohmann

Wim Wenders’ Dokumentarfilm „Anselm — Das Rauschen der Zeit“ ist eine Auseinandersetzung mit Anselm Kiefer und seinem kontroversen Werk, das wie kaum ein anderes mit der deutschen Geschichte verwoben und zugleich auch kritisiert wurde. Zuletzt ist Anselm Kiefer mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet worden.

Mit Asche, Blei und getrockneten Blumen spürt der Künstler Anselm Kiefer der deutschen Geschichte nach. Wim Wenders hat einen Film über sein kontrovers diskutiertes Werk gemacht. Silke Hohmann vom Monopol-Magazin hat Wenders auf einen Tee getroffen und mit ihm über seine Beziehung zu Kiefer, Zeit und seinen Film gesprochen. In dieser Folge von „Kunst und Leben“, dem Podcast in Kooperation mit dem Monopol-Magazin, spricht detektor.fm-Moderatorin Aileen Wrozyna mit ihr über ihre Eindrücke.

Der Film „Anselm — Das Rauschen der Zeit“ feierte in diesem Mai Premiere auf dem Filmfestival in Cannes. Im Oktober kommt er ins Kino.