Monopol-Podcast | Weibliche Wut in der Kunst

Wer darf und wer nicht?

Wut wird oft mit einer Naturgewalt beschrieben. Doch wer ausbrechen darf wie ein Vulkan, ist gesellschaftlich tradiert — das spiegelt auch die Kunst wider.

Weibliche Wut in der Kunst

Auf die Augen kommt es an, sie blicken gleichgültig — ein bisschen wütend? Untermalt wird das von heruntergezogenen Mundwinkeln: Im vergangenen Sommer war „Brat Girl“ angesagt, zu Deutsch „Rotzgöre“. Ein Trend, den die britische Sängerin Charli xcx mit ihrem Album „Brat“ über TikTok ins Rollen brachte. Was in der Popkultur immer mal wieder auftaucht, sucht man in der Kunst eher vergeblich: weibliche Wut. „Die Kunst ist in dem Fall wieder ein Spiegel der Gesellschaft“, so Elke Buhr im Podcast.

Es gibt viel Kunst von Frauen, in der sie leiden, in der Frauen auch aufbegehren gegen dieses Leiden. Eine Frau, die wirklich wütend ist, das gibt es selten.

Elke Buhr, Chefredakteurin des Monopol-Magazins

Foto: Monopol

Dennoch, ein paar Beispiele lassen sich finden, so etwa das Gemälde „Judith enthauptet Holofernes“ (1620) der Barockmalerin Artemesia Gentileschi. Es zeigt eine Szene aus dem Alten Testament. Oder das etwas jüngere Videowerk „Ever Is Over All“ (1997) der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist. Der japanische Künstler Yoshimoto Nara macht sich weibliche Wut hingegen auf andere Weise zu eigen, seine „wütenden Mädchen“ sind Ausdruck seiner inneren Gefühlswelt.

Wut ist politisch

Dabei gibt es allen Grund, wütend zu sein. Ungleiche Machtverhältnisse, Armut, Krieg – wenn es aus uns herausbricht, kann Wut ein Warnsignal sein, Achtung!, hier stimmt etwas nicht. Aber nicht allen Menschen wird Wut gleichermaßen zugestanden. Zwar erntet die Frau in Pipilotti Rists Video Lob von der Polizistin für ihre Zerstörungswut, aber sie sieht dabei immer noch entspannt und schön aus, sagt Elke Buhr, das sei typisch für weibliche Wut. Wer wütend sein darf, das bestimmt das Geschlecht und die Herkunft. Je reicher man ist, desto wütender darf man sein, erzählt Mithu Sanyal im Podcast. In ihrem Essay „Reicht’s jetzt?!“ für das Monopol-Magazin setzt sie sich mit der gesellschaftspolitischen Bedeutung von Wut auseinander. 

Wut ist ja genau der Moment, wo du ganz radikal den Empathieschwerpunkt zu dir zurückholst und sagst, ich will mich nicht mehr erklären, ich will nicht mehr verstanden werden. Ich finde dich scheiße!

Mithu Sanyal, Kulturwissenschaftlerin, Autorin, Journalistin

Foto: Carolin Windel

Welche Rolle spielt weibliche Wut in der Kunst? Darüber sprechen detektor.fm-Moderatorin Aileen Wrozyna und Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr in dieser Folge von „Kunst und Leben“, dem Podcast in Kooperation mit dem Monopol-Magazin. Im zweiten Teil der Folge tauchen Elke Buhr und die Kulturwissenschaftlerin und Autorin Mithu Sanyal noch tiefer ins Thema ein und sprechen über gesellschaftspolitische Aspekte von Wut.

Die Ausstellung „Yoshitomo Nara“ könnt ihr zwischen dem 23. November 2024 und 27. April 2025 im Museum Frieder Burda in Baden-Baden besichtigen.