N99 | Anke Stelling über Gentrifizierung und Selbstreflexion

„Gegenseitig auf die eigenen blinden Flecken hinweisen“

Anke Stelling packt die Themen an, die dem linksliberalen Bildungsbürgertum oft unangenehm sind. Warum sie das tut, erklärt sie im Interview.

Anke Stelling, die Vielschichtige

Geboren wurde Anke Stelling Anfang der 70er Jahre in Ulm, aufgewachsen ist sie aber in Stuttgart. Sie schreibt Drehbücher und Prosa, macht Theater und verfasst Kinderbücher. So richtig Fahrt hat ihre Schriftstellerkarriere mit der Veröffentlichung ihres Romans „Gisela“ aufgenommen, das war 1999. Damals hat sie noch mit Robby Dannenberg zusammengearbeitet. Aufsehen erregte Anke Stelling in den vergangenen Jahren vor allem mit ihren Romanen „Bodentiefe Fenster“, ein Text über die Abgründe des linksliberalen Bürgertums, und „Fürsorge“, in dem eine Mutter eine Affäre mit ihrem 16-jährigen Sohn anfängt. Jetzt, ein Jahr später, ist ihr neues Buch erschienen, „Schäfchen im Trockenen.“

Ich halte es nicht für eine Schande, dass man seine Schäfchen ins Trockene bringen will. Ich halte es eher für schwierig, dass man vergisst wie es dazu kam, was vielleicht die Voraussetzungen sind, damit man die da hat. – Anke Stelling

„Schäfchen im Trockenen“ – worum geht’s?

Resi hätte wissen können, dass spätestens mit der Familiengründung der erbfähige Teil der Clique abbiegt Richtung Eigenheim und Abschottung und sie als Aufsteigerkind zusehen muss, wie sie da mithält. Aber Resi wusste’s nicht. Noch in den Achtzigern hieß es, alle Menschen wären gleich und würden durch Tüchtigkeit und Einsicht demnächst auch gerecht zusammenleben. Das Scheitern der Eltern in dieser Hinsicht musste verschleiert werden, also gab’s nur drei Geschichten aus dem Leben ihrer Mutter, steht nicht mehr als ein Satz in deren Tagebuch. Darüber ist Resi reichlich wütend. Und entschlossen, ihre Kinder aufzuklären, ob sie’s wollen oder nicht. Sie erzählt von sich, von früher, von der Verheißung eines alternativen Lebens und der Ankunft im ehelichen und elterlichen Alltag. Und auch davon, wie es ist, Erzählerin zu sein, gegen innere Scham und äußere Anklage zur Protagonistin der eigenen Geschichte zu werden. – Verbrecher

detektor.fm-Moderator Christian Eichler hat sich mit Anke Stelling über ihr Buch und die Gentrifizierung in Großstädten unterhalten.


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