NS-Raubkunst | Ausstellung im Liebieghaus Frankfurt

Eindeutig bis zweifelhaft

Alle deutschen Museen sind dazu verpflichtet, Kunstwerke, die zwischen 1933 und 1945 erworben wurden, auf ihre Herkunft zu überprüfen. Es geht darum, Raubkunst aufzuspüren und möglicherweise den Erben zurückzugeben. Dennoch hadern viele Kunstsammlungen damit, der Herkunft ihrer Bestände auf den Grund zu gehen. Warum ist das so? Und wie könnte man mit gutem Beispiel vorangehen?

Systematischer Diebstahl

„Eindeutig bis zweifelhaft“, so heißt der treffende Titel einer aktuellen Ausstellung im Frankfurter Liebieghaus, die sich mit Raubkunst auseinandersetzt. Ein auffallender Titel, der auf die zum Teil recht dubiosen Besitzverhältnisse von Gemälden, Grafiken oder Skulpturen anspielt, die von Museen im Nationalsozialismus erworben wurden.

Kunstwerke, die zwischen 1933 und 1945 enteignet oder entzogen wurden, bezeichnet man als Raubkunst. Dies betraf vor allem die jüdische Bevölkerung, auf deren Kosten der Kunsthandel und das Auktionswesen nach der Weltwirtschaftskrise eine neue Blüte erlebte. Auch deutsche Museen profitierten von den Enteignungen und kauften Kunstwerke unrechtmäßig auf. Bekannt ist, dass während der NS-Zeit rund 200.000 Kunstwerke in Deutschland und Europa enteignet wurden.

Raubkunst aufklären?

Alle Museen in Deutschland sind dazu verpflichtet, Ausstellungsstücke zu überprüfen, die zwischen 1933 und 1945 erworben wurden. Diese Recherchen nennt man auch Provenienzforschung. Sie widmet sich der Geschichte um die Herkunft von Kunstwerken. Die Raubkunst stellt dabei die Provenienzforscher vor eine besondere Herausforderung.

Festgesetzt sind diese Nachforschungen zur NS-Raubkunst in der sogenannten Washingtoner Erklärung von 1998. Vorkriegseigentümer und deren Erben sollen ausfindig gemacht und mit ihnen eine gerechte und faire Lösung gefunden werden. Allerdings ist die Washingtoner Erklärung und somit die Übereinkunft zwischen Museen und Eigentümern rechtlich nicht bindend. Daher hadern viele Museen damit, die Herkunft zweifelhafter Bestände zu erforschen. Die Angst einen wichtigen Teil der eigenen Sammlung zu verlieren, ist zu groß.

Und man darf eines nicht vergessen: die Recherchen in den Archivalien sind unglaublich aufwendig. […] Eine Stelle muss eingerichtet werden, um diese Recherche zu vollziehen. – Dr. Eva Mongi-Vollmer, Kuratorin der Ausstellung „Eindeutig bis zweifelhaft“

Mit gutem Beispiel voran

Einen ersten Schritt in die richtige Richtung geht nun das Liebieghaus in Frankfurt. In der historischen Villa ist seit Mai 2017 die Sonderausstellung „Eindeutig bis zweifelhaft. Skulpturen und ihre Geschichte“ zu sehen. Während der Zeit des Nationalsozialismus erwarb das Liebieghaus fast 500 Skulpturen. Zahlreiche dieser Objekte stammen aus jüdischem Besitz. Zwölf dieser Skulpturen sind nun ausgestellt. Seit 2015 werden alle Werke des Liebieghauses auf ihre Herkunft untersucht, die in der Zeit des Nationalsozialismus ans Haus kamen.

Und das ist auch tatsächlich das Schicksal der Provenienzforschung, dass man sehr, sehr viele Fragen aufwirft im Rahmen der Recherche und viele Fragen offen lassen muss, weil das Quellenmaterial es nicht hergibt. Insofern ist die Provenienzforschung zwar ein hoch interessanter Arbeitsbereich, aber auch ein sehr langwieriger und mit einigen Frustrationen verbundener. Und das muss ein Museum erst einmal stemmen können, diesen Forschungsauftrag zu finanzieren. – Dr. Eva Mongi-Vollmer

Dr. Eva Mongi-Vollmer ist Kuratorin der Sonderausstellung „Eindeutig bis zweifelhaft“ im Liebieghaus Frankfurt. Mit detektor.fm-Moderator Eric Mickan hat sie nicht nur über die Ausstellung, sondern auch über die Klärung von Besitzverhältnissen bei NS-Raubkunst gesprochen.

Das sind letztendlich lauter Einzelgespräche mit Nachkommen und den juristischen Vertretern von den Nachkommen, was die beste Lösung ist.Frau Dr. Eva Mongi-Vollmer 

Redaktion: Josefine Farkas


Die Ausstellung „Eindeutig bis zweifelhaft. Skulpturen und ihre Geschichten.“ ist noch bis zum 27. August 2017 im Liebieghaus Frankfurt zu sehen.