Seite 37 | Ist eine staatliche Verlagsförderung sinnvoll?

„Literatur ist die Fortführung der Agora“

Der Druck auf den Buchmarkt steigt: Leser verschwinden und damit auch Verlage. Die Bundesregierung sichert nun Unterstützung mit einer Verlagsförderung zu. Hilft das?

Schon vor Jahren hat in der Verlagsbranche ein großer Abzählreim begonnen. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels zählt deutlich weniger Leser und auch die Verlagslandschaft wird dünner. Gerade unabhängige Verlage spüren die beengte Situation immer mehr und beenden unter steigendem finanziellen Druck ihre Arbeit. Deswegen kommt die Bundesregierung dem Ruf aus der Verlegerbranche nach einer strukturellen Förderung nach. Deutschland ist damit nicht das erste Land, in dem Verlage von staatlicher Seite unterstützt werden.

Verlagsförderung in Europa

In unterschiedlichen europäischen Ländern gibt es bereits eine Verlagsförderung: In Norwegen kauft der Staat den Verlegern einen Teil der Erstauflage ab. In Österreich können Verlage, die sich um österreichische Literatur bemühen, Förderungen für das Marketing, das Früh- oder Herbstprogramm beantragen. Seit 2016 schreibt auch die Schweiz eine finanzielle Unterstützung für professionelle Verlage abhängig von deren Größe und Reichweite aus.

Und gerade die Verlage gehen auch die größeren Risiken ein und machen auch Autoren, die nur drei-, vierhundert Stück verkaufen, während viele große Verlage ja eher Risiken gar nicht mehr eingehen und halt nur Bestseller-Autoren machen, um das mal in extremis zu formulieren. – Sabine Dörlemann, Schweizer Verlegerin

Dabei handelt es sich teilweise um recht große Unterstützung, die den Verlegern viel Handlungsspielraum ermöglicht. In Deutschland, mit seinen ungefähr 3000 Verlagen, dürfte das zu teuer sein. Dafür gibt es hier einige andere Ansätze, wie die Kurt-Wolff-Stiftung für unabhängige Verlage oder den sächsischen Buchpreis. Doch für die meisten unabhängigen Verleger geht das nicht weit genug.

Als demokratische Gesellschaft, die auch eine Vielfalt von Stimmen hat, ist unsere Aufgabe und auch unser Selbstverständnis, dass es viele verschiedene Möglichkeiten gibt, an ein Thema ranzugehen. Das literarisch umzusetzen und in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dafür sind die vielen kleinen Verlage Innovationsgeber.Der Verleger Daniel Beskos 

Die Forderungen in Deutschland

In der Düsseldorfer Erklärung haben unabhängige Verleger unterschiedliche Forderungen an die Bundesregierung formuliert. Sie fordern als Äquivalent zum Buchhandlungspreis einen Verlagspreis. Außerdem wünschen sie eine Kampagne, um die Arbeit unabhängiger Verleger sichtbarer zu machen. Zusätzlich verlangen sie einen größeren Einsatz im Bereich der Leseförderung.

Es ist Behandlung von Symptomen, aber wir müssen an die Ursachen ran. Da hilft es nicht nur ein Pflaster drüber zu kleben, sondern wir müssen schauen, was hier passiert: Wie sind die Strukturen und Bedingungen, unter denen die Buchproduktion stattfindet. Wie kriegen wir die Leute wieder zum Lesen, das ist die Frage, die mich interessiert.Volker Oppmann von mojoreads 

Kurz nach dem diese Forderungen öffentlich werden, beginnt die Diskussion um die Verlagsförderung. Damit wächst auch der Druck auf die Bundesregierung. Nachdem der über lange Jahre erfolgreiche, unabhängige Verlag Klöpfel und Meyer schließen muss, fordern Kulturwissenschaftler und ungefähr 100 Autoren mit dem Tübinger Memorandum staatliche Unterstützung für unabhängige Verlage. Daraufhin macht auch die Kurt-Wolff-Stiftung in einem offenen Brief  auf die schwere Situation für kleine Verlage aufmerksam. Dieser Druck zeigt seine Wirkung: Kulturstaatsministerin Monika Grütters kündigt die Einführung eines Deutschen Verlagspreises an. Wie genau der aussehen soll, ist allerdings noch unklar.


Der Literatur-Podcast „Seite 37“ auf detektor.fm. Einfach den Podcast abonnieren oder direkt bei Apple PodcastsGoogle PodcastsDeezer oder Spotify hören.

Moderation