Stadtgespräch | Kontroverse um Garnisonkirche in Potsdam

„Das Symbol der extremen Rechten in Deutschland schlechthin“

Die Zeit wird knapp: 2019 läuft die Baugenehmigung für den Neubau der Garnisonkirche in Potsdam ab. Doch mit Hilfe eines Kredits der evangelischen Kirche soll 2017 mit dem Bau begonnen werden. Ein Plan, der auf heftigen Widerstand trifft.

Garnisonkirche als Treffpunkt der Antidemokraten

Das wohl wichtigste historische Ereignis, welches in der Garnisonkirche zu Potsdam stattgefunden hat, war ein Händedruck. Am 21. März 1933 hat dort der Handschlag zwischen dem Reichskanzler Adolf Hitler und dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg stattgefunden. Dadurch ist die Garnisonkirche zum Zeichen des Zusammenschlusses der Weimarer Republik mit den Nationalsozialisten geworden.

Doch der Tag von Potsdam wurde nicht zufällig in der Garnisonkirche abgehalten.

Die Garnisonkirche war spätestens seit der November-Revolution 1918 das Symbol der extrem Rechten in Deutschland schlechthin. […] Diese Kirche übte schon eine fast magnetische Anziehungskraft aus auf antidemokratische, antisemitische, nationalistische Organisationen der unterschiedlichsten Art. – Matthias Grünzig, Historiker

Deshalb gibt es seit Jahren Widerstand gegen einen Wiederaufbau der Garnisonkirche, auch in Potsdam selbst.

Wer will den Wiederaufbau eigentlich?

Nachdem die Kirche im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, wurden die Überreste zu DDR-Zeiten gesprengt. Doch die Heilig-Kreuz-Gemeinde, die zu der Garnisonkirche gehörte, erhielt zur Entschädigung ein neues Gemeindehaus. Die Kirche hatte zunächst also wenig Interesse an einem Wiederaufbau. Erst der Verein „Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel“ trieb einen Wiederaufbau weiter voran.

Der Verein sammelte 6,7 Millionen Euro Spenden für den Wiederaufbau – und löste sich 2005 wieder auf. Als Grund wurden die Baupläne angegeben. Die Stadt Potsdam hatte zu dem Zeitpunkt geplant, einen Neubau, der der Garnisonkirche nachempfunden wäre, als Versöhnungszentrum zu nutzen. Für die Traditionsgemeinschaft wäre aber nur ein originalgetreuer Nachbau ohne politisches Statement akzeptabel gewesen. Die gesammelten Spendengelder wurden der Stiftung Preußisches Kulturerbe übergeben.

Landeskirche gibt Kredit

Als entscheidende Unterstützung gilt jetzt ein zinsloser Kredit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz über 3,25 Millionen Euro und ein weiterer Kredit der Evangelischen Kirche Deutschlands über 1,5 Millionen Euro. Damit sollte dem geplanten Baubeginn 2017 nichts mehr im Wege stehen, auch weil man fürs Erste nur einen Rumpfturm ohne Haube und Verzierung bauen will. Viel später dürfte der Bau auch nicht beginnen, denn 2019 läuft die bereits erteilte Baugenehmigung wieder ab.

Warum der Neubau der Garnisonkirche in Potsdam ein so kontroverses Thema ist, hat detektor.fm-Moderator Javan Wenz mit dem Historiker und Journalisten Matthias Grünzig besprochen.

Wenn man der Meinung ist, dass dieser Abriss damals unrecht gewesen wäre, dann müsste man dieses Grundstück der Heilig-Kreuz-Gemeinde zurückgeben und nicht irgendwie einer Stiftung, wie es passiert ist. Also das ist schon eine etwas fragwürdige Entwicklung.Matthias Grünzig 

Redaktion: Christopher van der Meyden

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