Überall Industriekultur! | Auseinandersetzung mit Veränderung

„Industriekultur ist nicht nur Gebäude“

Industriekultur – dafür gibt es keine Schublade. Thies Schröder von Ferropolis und Claudia Muntschick vom Branchenverband Kreatives Sachsen sprechen in der ersten Folge des Podcasts „Überall Industriekultur!“ über die Auseinandersetzung mit Veränderung, neue Orte der Arbeit und überlebensgroße Bagger.

Überall Industriekultur! – das ist der detektor.fm-Podcast zum Jahr der Industriekultur 2020. Er ist in Kooperation mit der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen entstanden. In diesem Podcast tauchen wir ein in die Welt der lebendigen Industriekultur. Wir begegnen Menschen, die in alten Industriebauten Räume für neue, kreative und innovative Ideen schaffen. Wir sehen, wie Industriegeschichte vermittelt und bewahrt wird. Und zeigen, wie vielseitig Kunst an Industriebauten ist.

Keine Schublade für Industriekultur?

Zunächst widmen wir uns in der ersten Folge aber dem Begriff. Industriekultur – der Begriff passt nicht einfach ins Regalfach oben links. Eine Definition ist also schwierig, der Versuch aber gleichzeitig sehr reizvoll. So geht Industriekultur über eine Ästhetik von alten Industrieanlagen hinaus:

Industriekultur ist für mich die aktive Auseinandersetzung mit Veränderung. Nicht nur mit Geschichte, nicht nur mit dem Neuen, sondern mit diesem Übergang von Geschichte ins Neue. Das ist lebendige Industriekultur.

Thies Schröder, Geschäftsführer Ferropolis GmbH und Ferropolis Industriekultur gGmbH

Foto: privat

Die Stadt aus Eisen

Und dafür steht auch Ferropolis, die Halbinsel in Sachsen-Anhalt mit ihrer besonderen Kulisse, die auch immer an Vergangenes erinnert. Riesige Braunkohlebagger, die dort stehen, weil die „Spinner vom Bauhaus“ und die „widerständigen Bergleute“ am Ende die gleiche Idee hatten – den Erhalt. In der „Stadt aus Eisen“ werden seit einigen Jahren Festivals wie das splash! oder das melt! veranstaltet. Dort, wo früher der Tagebau Golpa-Nord war, feiern hier jährlich etwa 150.000 Menschen. Wenn es etwas ruhiger zugeht, lernen Besucher und Besucherinnen dort die Bergbaugeschichte kennen.

Da erklärt ein ehemaliger Bergmann wie das melt!-Festival funktioniert. Und umgekehrt wissen die, die lange Jahre auf dem melt! sind inzwischen auch einiges über Braunkohletagebau.Thies Schröder 

Neues Unternehmertum in Industriebrachen

Sich mit einem Ort oder einem Objekt auseinandersetzen, mit seiner Geschichte, den Geschichten der Menschen und den Arbeitsstrukturen – das rät auch Claudia Muntschick vom Branchenverband Kreatives Sachsen, wenn sie Kultur- und Kreativschaffenden bei einer Nachnutzung von Industriebrachen unterstützt. Ihr Motto: neues Unternehmertum in traditionell gewachsenen Wirtschaftsräumen.

Spannend ist vor allem, dass die Akteure aus der Kultur- und Kreativwirtschaft denkmalpflegerisch sehr sauber oder sehr sensibel mit den Gebäuden umgehen und aus diesen alten historischen Orten der Arbeit wieder neue Orte der Arbeit machen.

Claudia Muntschick, Kreatives Sachsen

Foto: privat

Claudia Muntschick und Thies Schröder im Gespräch mit detektor.fm-Redakteur Stephan Ziegert – es geht um den Begriff „Industriekultur“, wie sich Heimat und Industriekultur gegenseitig beeinflussen, um die „Spinner vom Bauhaus Dessau“ und die „widerständigen Bergleute“ – und natürlich um ziemlich große Bagger.