Adventskalender Türchen 20: Kevin Devine

Scheinbar muss jeder talentierte Songschreiber erst mal in die Rock- bzw. Punkschule gehen, bevor er merkt, dass er sein Potential alleine viel besser entfalten kann. Ob Elliott Smith mit Heatmiser, Conor Oberst mit Norman Bailer oder Sophia mit The God Machine – sie alle haben ihre kredible Rock-Vergangenheit. Kevin Devine hatte Miracle Of 86, eine New Yorker Band, deren musikalische Perlen leider nur einem kleinen Fankreis zugänglich waren. Mit Devine’s Soloalben verhält sich das zum Glück anders.

Seit fünf Alben versorgt er die lechzende Fangemeinde nun unermüdlich mit seinen mal rockigen, mal folkigen Songs. Im Jahr 2006 nahm ihn dann ein Major-Label unter Vertrag. Entgegen aller landläufigen Vorstellungen hatte er dort jedoch alle Freiheiten der Welt:

Die kamen nie ins Studio um mir zu sagen: Hierfür brauchen wir eine Single-Version oder das Stück muss poppiger sein. Der A&R kam ein par mal vorbei, hat sich’s angehört, mochte es und meinte: Das ist genau die Platte, die du machen solltest. Deren Problem war nur das organisatorisches Chaos und das schlechtes Timing.

Zu Devine’s Unglück fusionierte die Plattenfirma kurze Zeit später mit einer anderen. Es folgte das in der kriselnden Musikindustrie bekannte Prozedere, bestehend aus Stellenkürzungen und Repertoire-Abbau. Einer der vielen betroffenen Künstler war Kevin Devine, der jedoch Kraft seiner Natur unverdrossen weiter machte und jüngst das Album Brothers Blood veröffentlichte, das im Vergleich zu den eigenbrödlerischen Vorgängern eine richtige Bandplatte geworden ist:

Das war das erste Mal, dass ich die Band auch wirklich eine Band sein lassen habe. Sie haben alle ihre eigenen Ideen beigesteuert und nicht die von mir geschriebenen Ideen auswendig gelernt. Und ich finde das Ergebnis sprich für sich. Die Band hat großartige Arbeit geleistet.

Mit dem neuen Material tourte Kevin Devine zuletzt auch durch Deutschland und nutzte dafür ein Fortbewegungsmittel, das unter tourenden Musikern immer beliebter zu werden scheint – die Bahn.

Man sieht ziemlich verblüffende Landschaften – Felder, Wälder, mit Graffiti bemalte Gebäude, riesige Windräder. Im Zug zu reisen fühlt sich so an als würde man gleiten. Das mag ich.

Kevin Devine – Tomorrow’s Just Too Late (detektor.fm Akustik-Session)

Redaktion