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Album der Woche: Admiral Fallow – Tree Bursts In Snow

Den Schotten sagt man ja einiges nach – zum Beispiel dass sie recht trinkfest sind, einen Hang zur Melancholie haben und, natürlich, ein Händchen fürs Musikmachen. Zumindest Punkt zwei und drei treffen genau ins Schwarze bei Louis Abbott und seinen fünf Mitstreitern. Unter dem dem Namen Admiral Fallow stehen sie seit knapp sechs Jahren gemeinsam auf der Bühne. Gerade haben sie ihr zweites Album „Tree Bursts In Snow“ veröffentlicht.

Album der Woche: Admiral Falow – Tree Bursts In Snow 07:10

Eine Band aus Glasgow, die vornehmlich mit akustischen Instrumenten auftritt, ausgefeilten Harmoniegesang mit bis zu vier Stimmen praktiziert und sich nicht scheut, ein Akkordeon einzusetzen – die muss damit leben können, einen dicken fetten Stempel mit dem F-Wort aufgedrückt zu kriegen. Zwar kommen diverse Vorsätze wie Neo-, Indie- oder New dazu, aber einsortiert wird die Platte trotzdem schon mal grundsätzlich als Folk – dabei gibt es keinerlei feste Absichtserklärung in diese Richtung von Admiral Fallow:

Wir haben nie darüber nachgedacht, ob ein Song jetzt besonders folkig klingen soll – wir haben nun mal einfach akustische Instrumente gespielt, als wir angefangen haben – Joe sogar noch richtig mit dem Kontrabass. Deshalb hat sich das wohl so entwickelt.

Die einzige Person in der Band, die so etwas wie klassische Folk-Wurzeln mitbringt, ist Sarah Hayes – übrigens auch die Frau mit dem Akkordeon. Sie wuchs im Norden Englands auf und kam tatsächlich schon früh mit ganz traditioneller englischer Folk-Musik in Berührung. Beim Gesang, sagt Louis Abbot, merkt man das tatsächlich. Aber die Tatsache, dass sie Akkordeon spielen kann, hatte sie bis zu Album Nummer zwei immer schön geheim gehalten.

Ihre Bandkollegen nutzten das neu entdeckte Talent prompt aus, um dem letzten Song des Albums, Oh, Oscar, eine besonders melancholische Stimmung zu verleihen.

Es ist ein sehr einfach gestrickter Song, nur ein paar Akkorde, das liegt mir am meisten. Wir haben das komplett live eingespielt, in nur einem Take, worauf wir wohl alle heimlich sehr stolz sind. Und wir wussten vor diesem Album gar nicht, dass Sarah Akkordeon spielen kann – davon haben wir natürlich sofort Gebrauch gemacht.

Abgesehen davon sind die Songs auf Tree Bursts In Snow deutlich weniger zurückgenommen, sowohl im Tempo als auch in der Instrumentierung. Hier wird richtig aufgefahren – Admiral Fallow nutzen die Bandbreite, die sie beherrschen, voll aus. Kraftvolle Gitarren und treibende Percussion verleihen den Stücken Energie und Mit-Wipp-Potential.

Mit Klavier, Streichinstrumenten, Querflöte und Klarinette kommen abwechslungsreiche Klangfarben ins Spiel – und jedes einzelne der Songarrangements ist ein weiterer Beweis für das musikalische Können der fünf Bandmitglieder.

Unterstützung beim Herauskitzeln des perfekten Sounds fanden Admiral Fallow bei Paul Savage, der auch schon ihr Debütalbum produziert hat. In Savages Studio in Glasgow sind auch schon Alben von Franz Ferdinand, Mogwai und Teenage Fanclub entstanden. Für Louis Abbott war aber viel wichtiger, dass Paul Savage ein umgänglicher Typ ist, mit dem sich gut arbeiten lässt und die Platte am Ende so klingt, wie man es sich erhofft hat. Trotzdem war auch er nicht ganz unbeeindruckt vom Studio selbst:

Das Studio ist großartig, da gibt es so viel Equipment, das deine Musik besser klingen lässt als in jedem anderen Studio. Außerdem waren unsere Songs diesmal eher nur in Fragmenten vorhanden und nicht so ausgereift wie beim ersten Album, als wir damit ankamen. Es schien uns sinnvoll zu sein, wenigstens Paul als Konstante in diesem Entstehungsprozess zu behalten. Und dank ihm sind dann auch wirklich richtige Songs dabei herausgekommen.

Dass die Songs diesmal eher Stück für Stück zusammengefügt wurden, ist ein Nebeneffekt des eher gemeinschaftlichen Arbeitens, das Admiral Fallow beim zweiten Album ausprobiert haben.

Beim ersten Album waren die Songs und einige Ideen für die musikalische Umsetzung immer schon fertig, bevor ich damit zum Rest der Band gegangen bin. Jetzt beim zweiten Album war das eher eine gemeinsame Angelegenheit, wo jeder seine Ideen eingebracht hat – so eine Art kollektives Arbeiten.

Die Texte kommen allerdings nach wie vor ausschließlich aus Abbots Kopf. Auffällig ist bei Tree Bursts In Snow, dass in vielen Songs eher düstere Stimmungen und teilweise fast grausam anmutende Bilder in direktem Kontrast stehen zu Zeilen, die sehr intim und voller Zuneigung sind. Burn ist einer der Songs, der sich zwischen diesen Extremen bewegt:

Dieser Impuls, härtere Bilder mit etwas eher Zartem, fast Süßlichem, zu mischen, verleiht dem Ganzen einen spannenderen Blickwinkel. Das war jetzt nichts, was ich bewusst gemacht hätte, als ich diesen Song schrieb. Auch das Album an sich ist ja nicht absichtlich als eine Sammlung düsterer Songs angelegt, zumindest nicht aus musikalischer Sicht. Aber grade was die Texte angeht, erkennt man schon einen roten Faden, der sich auch schon durch das erste Album gezogen hat. Vielleicht ist das einfach mein persönlicher Stil – etwas trübsinnig zu sein.

Tatsächlich gelingt Admiral Fallow immer das Kunststück, dass sie musikalisch eben nicht nur in Melancholie versinken. Die Songs klingen grundsätzlich sehr lebensfroh und viel optimistischer, als einige der Textstellen das vermuten lassen würden. Und selbst wenn es stimmt, dass Louis Abbots normaler Gemütszustand „miserable“ – trübsinnig – ist, dann ist dieses Album vermutlich die beste Eigentherapie: eine Erinnerung daran, dass das Leben doch immer noch schön ist, egal wie mies man sich manchmal fühlt.


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