Album der Woche: Blood Orange – Freetown Sound

Fragen, keine Antworten

Für Dev Hynes alias Blood Orange ist Fußball spielen wie Musik machen. Oft werkelt er im Hintergrund, aber manchmal stürmt er auch und schießt ein Tor, heißt: macht ein eigenes Album. So wie in den letzten Monaten, da hat Blood Orange „Freetown Sound“ aufgenommen – ein sehr persönliches Mixtape.

Einen Karton mit verstaubten Musik- und Videokassetten, solche Relikte einer Jugend in den 1990ern findet man auch bei Dev Hynes zu Hause. Als Kind hat er – wie viele andere auch vor dem Fernseher gesessen und mit dem Videorekorder Musikvideos von MTV mitgeschnitten. Am Ende kam dabei meistens ein buntes Sammelsurium heraus, ein kleiner Einblick in das Leben der Person, die die Kassette aufgenommen hat. Diese Idee steckt auch hinter Freetown Sound, dem dritten Album von Blood Orange.

Süß wie Zucker

Auf Freetown Sound kombiniert Blood Orange eine unübersichtliche Fülle von Einflüssen wie 1980er Pop, R&B, Funk-, Soul- und Hiphop, aber auch Spoken Word und Field Recordings. Mit Synthie-Flächen, Saxofon, Slap-Bass und Gastauftritten etwa von Nelly Furtado schafft er Songs, so zuckersüß wie ein türkisches Baklava.

Die musikalische Zuckrigkeit kann nicht über die ernsten Themen hinwegtäuschen, die Dev Hynes in seinen Texten verhandelt. Exil, Christentum, sexuelle Orientierung, Rassismus, Unterdrückung – Hynes wirft Fragen auf, liefert aber keine Antworten. Der Titel ist von Sierra Leones Hauptstadt Freetown inspiriert, der Heimatstadt seines Vaters.

Verschiedene Stimmungen und Stimmen

Freetown Sound entfaltet sich beim Hören wie ein Theaterstück, beschwört die verschiedensten Stimmungen und Stimmen herauf. Neben dem 30-jährigen Musiker aus New York kommen auch mittelalterliche Philosophen oder eine südafrikanische Religionsführerin zu Wort.

Freetown Sound von Blood Orange ist wie ein sehr persönliches Mixtape. Ein Sammelsurium von Dingen, die jetzt gerade wichtig sind für Dev Hynes. Es ist genau so komplex und verwirrend wie die Welt, die es widerspiegelt, und ist dabei gleichzeitig ein Trostpflaster. Denn wenigstens ist man in dieser verwirrenden Welt nicht allein.

Redaktion