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Album der Woche: Feist – Metals

Spätestens seit sie mit ihrem Song „1234“ durch die Apple-Werbung sprang, kennt man hierzulande ihr Gesicht und ihre Musik. Mit dem Album „The Reminder“ gelang Feist 2007 der weltweite Durchbruch. Jetzt steht Album Nummer vier in den Läden.

Feist braucht nicht viel Worte um zu erklären, wo sie mit ihrem vierten Album hin will. Metals beginnt mit The Bad In Each Other und das liest sich wie eine klare Ansage. „A good man and a good woman bring out the worst in each other“, singt sie da. Das ist traurig und stellt klar: Feist springt in den kommenden knapp 50 Minuten nicht mehr durch eine heiter verträumte Popwelt. Metals handelt vom Scheitern einer Beziehung, bitter und zerstörerisch, aber trotzdem mit erhobenem Haupt.

Metals ist das Ergebnis einer langen Pause. Sieben Jahre war Feist zuvor durch die Welt getourt, hat in kurzer Zeit drei Alben aufgenommen und sich durch iPod-Werbung getanzt. Feist wurde schnell zur Ikone der urbanen Mittzwanziger. Ein Leben auf der Überholspur, das sie so nicht gewollt hatte. Also zog sie sich zurück. In ihr Haus nahe Toronto. Erst im letzten Jahr hat sie wieder angefangen Songs zu schreiben.

Für die Aufnahmen hat sie ihr Refugium in Kanada gegen eines in Kalifornien eingetauscht. Zusammen mit Freunden, darunter ihre Allzeitbegleitung Chilly Gonzales und Mocky, bezog sie für zwei Wochen eine riesige Ranch in Kalifornien. Eine ehemalige Hippiekommune direkt an den Klippen des Ozeans. Romantischer geht’s kaum: Das Wohnzimmer wurde zum Studio umfunktioniert, Schlagzeug und Mikrofone zwischen vollgestopften Bücherregalen und breiten Sofas aufgebaut. Wem es drinnen zu viel wurde, der hatte endlose Kilometer Steilküste vor der Tür. All das haben Feist und ihre Mitmusiker eingefangen und auf Metals gebannt. Man hört förmlich das Knistern des Kamins und das Knarzen der Dielen in der alten Scheune. Feists Stimme hallt so sehr, dass sich die hohen Decken des Wohnzimmers erahnen lassen. Und man bekommt das Gefühl, als säße man mittendrin in der Aufnahmesession.

Von der Umgebung inspiriert, tauchen in ihren Texten immer wieder Wetterbezüge auf, an denen Feist ihren Seelenzustand misst. Mal wütet ihr Gemüt wie ein Donnerschlag, dann weht es wieder sanft wie ein Lüftchen. Und damit besingt sie selten direkt worum es hier geht: das gebrochene Herz, der verletzte Stolz. Stattdessen bemüht sie die Farbe des Himmels und das Tosen des Windes. Metaphern finden sich nirgendwo so reichhaltig wie in der Natur. Und will man diese für Metals benutzen, so ist die Platte eher der unberechenbare Ozean, als ein brav vor sich hinplätscherndes Bächlein.

Obwohl Metals größer instrumentiert ist als die Vorgängeralben, ist es weder aufdringlich noch opulent. Die Bläser und Streicher schleichen sich eher langsam an. Aufs erste Hören wirkt die Platte fast ein bisschen spröde und karg. Das ist neu bei Feist. Bisher waren ihre Songs meist tänzelnd leicht, eher bunt als grau, eher leicht als schwerfällig. Was ihr geblieben ist, ist das Intime, das Pure. Feist muss nicht laut sein, um gehört zu werden. Sie verzichtet auf Effekte und setzt lieber auf Gitarre und Klavier als auf Synthesizer. Ihre Stimme fährt streichelnd über holprige Melodien und klingt dabei immer ein bisschen verletzlich, aber nie jammernd.

Feists Stärke ist die Entwicklung der einzelnen Songs. Graveyard, das Stück über die Toten auf einem Friedhof, fängt gebrechlich an: nur mit einer Akustikgitarre, die sich wie der Nebel lichtet, sobald Feists Stimme einsetzt. Und im Laufe der gut vier Minuten wird daraus ein kräftiges Flehen: „Bring them all back to live“.

Mit Metals zelebriert Feist den Müßiggang. Das Album klingt nach einem Sonntagnachmittag auf dem Sofa. Mit Wollsocken und einer heißen Tasse Tee. Einen neuen Werbesong für Apfelelektronik wird man auf der Platte nicht finden. Dafür aber ganz viel Sanftmut und Entschleunigung und die Erkenntnis: Manches muss man nehmen, wie es kommt. „Get it wrong, get it right.“

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