Wer Herman Dune mag, schätzt die Band nicht wegen aufwendig produzierten Songs, schöngeistigem Gesang oder bahnbrechenden Stilmitteln. Vielmehr ist es die Verschrobenheit, die bei den Fans ankommt. Herman-Dune-Songs waren schon immer etwas schrullig und verstolpert. Seltsam eben. Ist der Titel des neuen Albums – Strange Moosic – also als Selbstreferenz zu verstehen? Zumindest ist „seltsam“ nach Ansicht von Sänger David nicht gleichbedeutend mit „schlecht“.
Seltsame ist Musik vielleicht, wenn sie gut ist. Heutzutage habe ich das Gefühl, dass wir nicht nur von guter Musik umgeben sind. Vielleicht wird dann etwas, das sehr gut ist, seltsam. Also seltsam im Sinne von anders, auffällig und außergewöhnlich. Das würde ich seltsame Musik nennen. Musik, die heraussticht.
Seltsamkeit statt Authentizität – mit dieser Formel füllen Herman Dune in Frankreich Clubs jenseits der 2.000-Zuschauer-Marke. Dabei ist die Band nie so richtig greifbar. Ein buntes Potpourri an Gerüchten rankt sich um sie. Nimmt man sich aber einmal die Zeit, den Wirrwarr zu enträtseln, so ergibt sich in etwa folgendes Wahrheits-Konstrukt: Herman Dune sind eine mittlerweile zum Duo geschrumpfte Band, deren Mitglieder sich David Herman Dune und Neman Herman Dune nennen. David hat zwar schwedische Wurzeln, die Band ist jedoch in Paris zu Hause. Ihr neues Album haben sie jedoch in Portland aufgenommen, das immer mehr zur neuen Kreativzelle heranwächst. Ein bisschen wie Berlin, sagt Neman.
In Berlin wohnen sehr viele Künstler. Viele Leute kommen da hin, weil es nicht so teuer ist und es viel Platz gibt, um Dinge zu machen. Portland ist aber doch anders, weil es da mehr Natur gibt. Es ist vielleicht ein ähnlicher Vibe wie in Berlin, nur eben in den USA.
Dass Herman Dune auf der ganzen Welt bekannt sind, dürfte auch ein Stück weit das Vermächtnis von Radiolegende John Peel sein, der die Band zu Lebzeiten für mehr als zehn Sessions in die BBC-Studios eingeladen hat. Einhergehend mit dem Erfolg waren Herman Dune in den letzten Jahren viel unterwegs. Neue Songs sind oft zwischen Tourbus und Club entstanden. Für die Arbeit an Strange Moosic haben sich David und Neman eine längere Auszeit gegönnt. Und die hat sich ausgezahlt. Auf dem Album tummeln sich lauter leichtfüßige und gut gelaunte Pop-Nummern. Es ist vielleicht das massentauglichste Herman-Dune-Album.
Die neuen Lieder wirken zeitlos, obgleich sich ihre Vorbilder zeitlich recht genau einordnen lassen. Dylan, Young, Beatles – es sind die großen Namen, die Herman Dune antreiben. Und es ist die Freude am Geschichtenerzählen. Im countryesken In The Long, Long Run blickt David nostalgisch zurück auf ein Leben, in dem man vielleicht nicht immer die besten Entscheidungen getroffen hat. Auf lange Sicht ist er aber froh, alles genau so gemacht zu haben.
Wir sind in unseren 30ern, dann fängt Nostalgie einfach an, aber auf eine gute Art und Weise. Als Songschreiber musst du alles benutzen, was dir über den Weg läuft. Nostalgie ist eine gute Sache. Es ist ein gutes Werkzeug um Songs zu schreiben, glaube ich.
Wenn ich in so einer Band wie den Ramones oder Rage Against The Machine wäre, würde ich mit 45 vielleicht denken, dass ich mit dem Herumspringen aufhören sollte und nicht mehr so tun sollte, als wäre ich ein Skateboarder. Aber wenn es in deiner Kunst darum geht, zu schreiben, wirst du besser, je mehr du schreibst. So sehe ich das. Wenn du die Bücher von Dostojewski liest, dann ist sein letztes das beste. Er hat einfach weiter geschrieben und ist besser geworden. Schreiben ist eine Kunst, die mit der Zeit nicht an Qualität verliert.
Wer auf der Suche nach einem modernen, neuen Sound ist, nach Avantgarde und Extremen, der wird in den gefälligen Songs auf Strange Moosic sicher nicht fündig. Wer jedoch Lust auf große Songwriter-Kunst der alten Schule hat, sollte Herman Dune Gehör verschaffen. Und auch wenn die Bedeutung von Herman Dune für den Popzirkus nicht vergleichbar ist mit der Dostojewski für die Welt-Literatur, so bleibt doch nach Davids Theorie zumindest die Hoffnung, dass auch das noch zu schaffen ist.