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Album der Woche: James Blake – James Blake

Die Hype-Maschinerie rollt wieder. Momentan steuert sie mit vollem Karacho auf James Blake zu. Dabei sorgt der Engländer mit seiner minimalistischen Musik vor allem für Entschleunigung.

Das Klavier spielt ein paar einfache Akkorde, im Hintergrund geistert ein kaum wahrnehmbarer Beat umher, die Stimme setzt ein und dann plötzlich, sekundenlang Stille. Limit To Your Love ist der erste kleine Hit von James Blake, im Original gesungen von Feist. Der Song zeigt beispielhaft, was James Blake so besonders macht: Blake hat Mut zur Lücke. Mut zur Langsamkeit und zur Stille.

Eine willkommene Abwechslung in einer Zeit, in der sich Tonstudios beim Prozess des Masterings, also des finalen „Lautmachens“ einer Produktion, auf einen regelrechten Lautstärke-Wettkampf eingeschossen haben. Alles muss einen durchgehend konstanten Pegel haben, bis zum Bersten komprimiert. Jede Frequenz muss herausgearbeitet und genormt sein, um im Formatradio-Einheitsbrei zu bestehen und genauso zu klingen wie alles andere. Da waren The XX mit ihrem Weniger-ist-mehr-Ansatz schon so eine Art Vorreiter einer Gegenbewegung, die nun in der breiten Masse anzukommen scheint. James Blake geht in dieser Hinsicht sogar noch ein Stück weiter.

Blake singt brüchig, aber mit viel Soul, so als würde er sich ein letztes Mal aufraffen, bevor er endgültig in Ohnmacht fällt. Oft steht seine Stimme allein im Raum, teils zerhackt und verfremdet mit wilden Auto-Tune-Effekten, teils in mehreren Schichten zu leidenschaftlichen Gospel-Chorälen übereinandergestapelt. Die Begleitung fällt sparsam aus. Tiefe Sub-Bässe, minimalistische Beats und zurückhaltende Synthie-Flächen verdichten sich nur selten zu einem alle Ecken ausfüllenden Soundteppich. Die Stilmittel, die sich James Blake zu Eigen macht, haben ihren Ursprung in der englischen Dubstep-Szene. Nur geht Blake mit ihnen viel reduzierter und mit weniger Hektik um. Natürlich hat es nicht lang gedauert, bis die Musikpresse ihm dafür das Label „Post-Dubstep“ aufdrückte.


Vermutlich muss man James Blake live sehen, oder seine Musik zumindest mit Kopfhörern genießen, um die volle Intensität der Songs zu spüren. Laptop-Lautsprecher oder Küchenradios werden dieser Musik kaum gerecht. Wenn sich jedoch im Club die Sub-Bässe durch eine ordentliche Anlage auf direktem Weg in den Magenbereich bohren, dürfte das Erlebnis schon ein anderes sein.

Der Hype um James Blake mag überkandidelt sein. Natürlich ist Blake nicht der Erste, der den Weg der Reduktion geht. Balladen mit Auto-Tune-Stimme als einziges „Instrument“ etwa – das beherrscht nicht nur James Blake, das taten vor ihm auch schon Bon Iver oder Imogen Heap. Dennoch, Blake ist ein Meister im Weglassen, ein Genie des Verzichts. Und er ist, ähnlich wie The XX, verdammt jung, gerade mal Anfang 20. Eine neue Musiker-Generation heraufzubeschwören wäre zu viel des Guten. Aber dass sich in unserer lauten und schnellen Umwelt, geprägt von Super-Flatrate-Bandbreiten und uns anbrüllenden Werbeblöcken, immer mehr Leisetreter einnisten, ist doch durchaus zu begrüßen.

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