Album der Woche: Jens Lekman – Life Will See You Now

Die uncoolen Ü30er

Geschichten erzählen – das kann der schwedische Musiker Jens Lekman. Sie sind mal traurig, mal absurd oder witzig, immer aber geistreich vorgetragen. Für sein neues Album „Life Will See You Now“ hat sich Lekman einem Lebensabschnitt gewidmet, der noch viel zu wenig in der Popkultur stattfindet: die Ü30er.

Die Ü30er sind vergleichbar mit den Teenagerjahren, findet Jens Lekman, allerdings ohne die wilde Romantik und ohne Vorbilder. Es ist eine Zeit in der viele Menschen heiraten, Familien gründen und Wohnungen kaufen, also alles andere als cool.

Viele Songs auf dem Album drehen sich darum, dass man anfängt die Konsequenzen seiner Entscheidungen zu sehen. Aus Songwritersicht ist es eine eher unattraktive Lebensphase. Aber ich wollte immer mit meinen Hörern gemeinsam alt werden und über Dinge schreiben, die im Leben passieren. Die 30er sind wie die Teenagerjahre, nur ohne die Romantik und ohne Vorbilder. Es ist einfach ziemlich uncool. Aber irgendjemand sollte auch darüber etwas schreiben.

Schreiben gegen die Schreibblockade

Der Weg zum neuen Album war für Lekman alles andere als einfach. Nachdem er auf seiner letzten Platte eine sehr schmerzliche Trennung verarbeitet hat, überkamen ihn immer öfter Selbstzweifel. Er konnte sich selbst nicht mehr leiden und an Songs schreiben war schon mal gar nicht zu denken. Mit seinem Projekt „Postcards“ hat er sich aus dieser Krise herausgearbeitet. Für 2015 hatte er sich vorgenommen jede Woche einen Song zu schreiben und ihn gleich zu veröffentlichen.

Postcards war super, weil es mich aus der Krise geholt hat. Wenn man nur ein paar Stunden Zeit hat, einen Song zu schreiben, dann zögert man nicht nach den ersten paar Wörtern, denn man muss ja fertig werden. Und weil ich die Stücke gleich veröffentlicht habe, konnte ich schreiben, worüber ich wollte. Manchmal hat das richtig gut funktioniert und zwei der Songs aus dem Projekt sind auf dem Album gelandet.

In gewohnt geistreicher Manier besingt Lekman auf Life Will See You Now die kleinen und großen Probleme und Ereignisse des Lebens. Zum Beispiel von dem Parfümduft, der an eine vergangene Beziehung erinnert, die Schwierigkeit zu sagen „Ich liebe dich“ und auch eher Absurdes wie den Mann, der sich den entfernten Tumor als 3D-Modell nachbauen lässt.

Platten aus der Wühlkiste

Musikalisch umrahmt werden diese Themen von Popsongs zwischen 80er Chart-Hits, Soul, Funk und Disco mit gelegentlichen Ausflügen in tropische Calypso und Samba-Gefilde. Dazu inspiriert haben ihn vor allem die billigen Platten aus der Wühlkiste, erzählt Lekman.

Es macht mir Spaß, in der 1$-Kiste im Plattenladen zu wühlen, dort wo alle vergessenen One-Hit-Wonder landen. Es gab aber keine bestimmte Platte oder Künstler, der mich bei diesem Album beeinflusst hat. Mein Produzent hat während der Aufnahmen gesagt, das wäre meine Latin-Disco-Platte. Und ein bisschen stimmt das, ich war sehr von Rhythmen und Taktarten fasziniert, aber ich glaube nicht, dass man das auf dem Album hört.

Der Albumtitel Life Will See You Now spielt übrigens darauf an, dass jemand in einem Wartezimmer sitzt und darauf wartet, dass das Leben endlich losgeht: Entscheidungen treffen, Ängste übwerwinden und mit den Konsequenzen leben. Unterhaltsamer als Jens Lekman kann man diese „uncoolen“ Themen wohl nicht besingen.

Umsonst aufs Konzert?

Im April präsentiert Jens Lekman sein neues Album live in Deutschland. Für die Konzerte (siehe unten) verlosen wir Gästelistenplätze. Einfach eine Mail schreiben an musik[at]detektor.fm. Betreff: Jens Lekman. Vor- und Zuname sowie die Wunschstadt nicht vergessen. Die Gewinner benachrichtigen wir rechtzeitig per Mail.

Redaktion