Album der Woche: Karen O And The Kids – Where The Wild Things Are

Alltag raus – Kindheit rein. Spike Jonze hat Maurice Sendaks Kinderbuch-Klassiker „Where The Wild Things Are“, zu Deutsch: „Wo die wilden Kerle wohnen“ verfilmt. Pünktlich zu Weihnachten kommt der Film am 17. Dezember in die deutschen Kinos, passend dazu erschien bereits der Soundtrack, eingespielt von der perfekten Symbiose aus Yeah Yeah Yeahs-Frontfrau und Kinderchor – Karen O and The Kids.

Protagonist Max ist gelinde gesagt hyperaktiv. Er ist das Resultat seiner Umgebung. Und so zieht er aufgrund von elterlichen Vernachlässigungen wütend und rebellisch im Wolfskostüm durch das Haus. So wild, dass er in seiner kindlich-destruktiven Raserei seine Mutter beißt und ohne Abendessen auf sein Zimmer muss. Dort erschließt sich ihm seine eigene Traumwelt mit endlosen Wäldern die er mittels eines Segelbootes über ein imaginäres Meer erreicht. Angekommen macht er sich die wilden Kerle, große zottelige Monster, gleichzeitig Sinnbilder seines Charakters zu Untertanen und wird ihr König.

Dass Spike Jonze diesen Kinderbuch-Klassiker verfilmt, scheint kaum verwunderlich, denn ihn und Maurice Sendak verbindet eine lange Freundschaft. Auch sonst scheinen die restlichen Mitwirkenden eher als kreativer und künstlerischer Freundeskreis des Regisseurs als nur bloße Kollegen. Bestes Beispiel ist der Filmkomponist Carter Burwell, der schon die Jonze Filme Three Kings, Adaption und Being John Malkovich vertont hat. Ähnlich liegt es auch bei Karen O. Nur dass diese Bekanntschaft eher persönlicher und intimerer Natur herrührt. Sie ist Jonzes Ex-Freundin, aber tatsächlich die Beste für den Soundtrack zu Where The Wild Things Are.

Karen O And The Kids 

Karen O ist gemeinhin als die Reinkarnation der Bühnenperformance bekannt. In halsbrecherischer Manier fegt die Yeah Yeah Yeahs Frontfrau wie vom Teufel besessen über die Bretter und kennt dabei keine physischen Grenzen. Doch O. kann auch anders. Vor den Yeah Yeah Yeahs, in ihrer Collegezeit, war sie eine eher introvertierte Folkmusikerin. Beide Umstände kommen nun ihr und auch dem Soundtrack zu Where The Wild Things Are zugute. Die New Yorkerin versteht es auf wunderbare Art und Weise die Grundidee des Films musikalisch weiterzuentwickeln. O. und ihre Kids wandeln völlig banale Alltäglichkeiten in etwas Spektakuläres um. Dabei bleiben sie sowohl der Buchvorlage als auch der naturalistischen, filmischen Umsetzung treu, indem sie Instrumente äußerst puristisch, aber gezielt einsetzen.

Ich wollte so etwas machen, wie Cat Stevens bei „Harold & Maude“, ganz schlicht, aber saumlos und unvergesslich mit dem Film verwoben (Karen O.)

Die Kids sind dabei nicht nur ein Kinderchor sondern befreundete Mitmusiker, die sich aus Bands wie Deerhunter, Queens of the Stone Age, The Raconteurs oder The Bird and the Bee speisen. Zu den definitive Höhepunkten des Where The Wild Things Are Soundtracks gehört die Single All Is Love, zu der man geneigt ist, zusammen mit den jüngeren Verwandten lauthals mitzusingen. Wunderbar passt auch das melancholische Worried Shoes. Ein Coversong des amerikanischen Singer/Songwriters Daniel Johnston (der schon Cobain inspirierte und immer zwischen Genie und Wahnsinn wandelt). Manchmal klingen die Songs auch wie ein Akustikset der Yeah Yeah Yeahs (Capsize). Rumpus bildet den Kern des Soundtracks. Dieser tobende Track spiegelt die Ungestümtheit der Kindheit wieder und verdeutlicht am besten, auf welche wunderschöne Art und Weise Karen O. And The Kids den Spagat zwischen Bildbegleitung und Selbstständigkeit meistern.

Denn der größte Trumpf dieser illustren Truppe ist der Blickwinkel aus dem die Songs entstanden sind. Sie sind in erster Linie aus der Sicht eines Kindes geschrieben und arrangiert und damit auch für die jüngeren Kinobesucher gedacht. Aber auch alle frühgeborenen Rotznasen, die manchmal immer noch gern den ein oder anderen Baum raufklettern würden und Schürfwunden für Trophäen und nicht für Verletzungen halten, werden bei hier mit glänzenden Augen dabei sein. Film als auch Soundtrack gehen wunderbar Hand in Hand und könnten so Where The Wild Things Are zur unendlichen Geschichte der Nullerjahre machen.