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Album der Woche: Miss Li – Beats & Bruises

Ihre ersten drei Platten veröffentlichte Miss Li innerhalb von elf Monaten und schob nur ein Jahr nach ihrem ersten Hit bereits ein Best Of Album nach. Was für die einen nach einem unstillbaren Kreativbrunnen aussah, war für die anderen Quantität statt Qualität. Für ihr mittlerweile viertes Studioalbum „Beats and Bruises“ hat sich Miss Li diesmal zwei Jahre Zeit gelassen.

Auf den ersten Blick könnte man den Fehler begehen, Linda Carlsson alias Miss Li leichtfertig in die Niedlichkeits-Ecke zu stecken. Die zierliche Sängerin mit den langen schwarzen Haaren wird häufig als die schwedische Kate Nash gehandelt und ihre Musik mit den Attributen „Zuckerwattepop“ oder „Mädchenmusik“ beschrieben. Dabei beweist sie mit Beats And Bruises einmal mehr, dass solch ein vorschnelles Urteil zu kurz greift. Das Album ist vollgepackt mit ausgelassenen Melodien, die teilweise im krassen Gegensatz zu den Texten stehen. Ein Großteil der neuen Songs ist vor einem ernsten Hintergrund entstanden, denn die letzten zwei Jahre waren für Miss Li nicht einfach.

Ich bin letztes Jahr sehr krank geworden. Dazu konnte ich natürlich keine gut gelaunte Musik schreiben. Deswegen ist die neue Platte ein bisschen melancholischer geworden. Aber ich bin damit sehr zufrieden, weil es eine gute Mischung ist zwischen dunklen Songs und dem aufgedrehten Rest. So gibt es auf dem neuen Album die ganze Gefühlspalette. Es gibt natürlich ein paar Songs, die von der Krankheit handelt, aber ich wollte nicht, dass es eine Krankheitsplatte wird. Ich wollte einfach einen dunkleren Sound haben. Das ist auch live eine Bereicherung.

Ein halbes Jahr lang lag Miss Li im Bett, sie konnte nicht mehr auftreten, geschweige denn laufen. In dem Song Shoot Me thematisiert sie diese Schmerzen und Ängste. Die Krankheit hat ihren Blick auf die Welt verändert, sagt Miss Li. Im Schema F des Songwritings: „Rosarote Brille und gebrochenes Herz“, hat sie sich zunehmend nicht mehr wiedergefunden. Deshalb wendet sie sich auf Beats And Bruises auch ernsteren Themen zu:

Ich finde, dass es schnell langweilig wird, wenn man nur über Liebe und Freundschaft singt. Vor allem, wenn man das schon auf ein paar Alben so gemacht hat. Das ist doch nicht alles auf der Welt! Es gibt so viele andere Dinge, über die man singen kann. Es gibt in unserer Gesellschaft viele Sachen, die man kritisch beobachten kann und muss. Ich sehe mich nicht als politisch engagierte Künstlerin, aber es ist mir schon wichtig, für bestimmte Dinge einzustehen.

Frauenrechte zum Beispiel. In dem Song Are You Happy Now fragt sie zynisch in die Frauenrunde, wer zwischen Schminke und aufgesetztem Lächeln glücklich ist. In Devil Has Taken Her Man singt sie von einer Frau, die von ihrem Ehemann misshandelt wird.

Trotz der teilweise schweren Themen, ist Beats And Bruises weder ein Klagelied- noch ein Weltverbesserungsalbum geworden. Miss Li geht es um den Spaß an der Musik. Das hört und sieht man auch, wenn sie euphorisch über die Bühne wirbelt. Im Rücken hat sie dabei ihre Band: Vier Profimusiker auf höchstem Niveau, die spielend leicht zwischen Trompete, Saxofon, Kontrabass, Keyboard und Gitarren hin und her wechseln. Dabei bedienen sie sich in den letzten fünfzig Jahren Musikgeschichte: angefangen beim Rockabilly über Jazz und Blues bis hin zum Pop.

Und auch Miss Li trägt mit ihren Texten dazu bei, dass Beats And Bruises abwechslungsreich bleibt. Neben den schweren Themen, gibt es auch einige leichtfüßige Songs. In Arrested besingt die Schwedin voller Selbstironie das Ende einer wilden Nacht in Stockholm:

Nach einer durchtanzten Nacht in Stockholm war ich gerade auf dem Heimweg, als ich plötzlich ganz dringend musste. Da blieb mir nichts anderes übrig, als mir eine Ecke zu suchen. Ich stand auf einem zentralen Platz in Stockholm, aber ich dachte, da wird schon nichts passieren um 4 Uhr früh. Und als ich gerade saß, kam eine riesige Mannschaft Polizeiautos angefahren und hielt genau vor meinen Füßen. Die Polizisten die da ausstiegen, waren alle bewaffnet und bauten sich vor mir auf. Vor lauter Schreck kam ich gar nicht hoch. Dann hörte ich, wie einer in seinen Walky Talky sprach und sagte: Wir haben hier Linda Carlsson festgenommen. Ich hab versucht, so naiv wie möglich zu klingen und hab denen erzählt, dass das nicht meine böse Absicht war, aber dass ich einfach nicht mehr konnte. Anstatt mich festzunehmen, haben wir dann einen Deal ausgemacht und ich musste nur eine Strafe bezahlen. Daraus ist das Lied entstanden.

Wäre ja auch schade, wenn Miss Li ihre Zeit hinter Gittern statt im Studio verbracht hätte. Denn dann wäre uns dieses wunderbare Album wohl verborgen geblieben.

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